GSDR-urbandevelopment
#GDSR: Ein Aufruf zum Handeln: 20 wichtige Maßnahmen

„Die Zukunft ist jetzt: Wissenschaft zur Erreichung der SDGs“

GSDR 2019Seit 1990 wurden Millionen von Menschen aus der Armut befreit. Dieser Fortschritt ist jedoch bedroht: Die Ungleichheit hat sich vertieft, und der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt nähern sich den Wendepunkten. Die Wissenschaft ist jedoch in der Lage, die Nachteile mit der Erreichung der 17 miteinander verbundenen Ziele für nachhaltige Entwicklung zu mindern und uns auf den Weg zu bringen, bis 2030 eine bessere Welt für alle zu schaffen. Darüber wurde der Bericht über die Globale Nachhaltige Entwicklung #GSDR jetzt veröffentlicht.

Dieser Bericht ist der erste vierjährliche globale Nachhaltigkeitsbericht, der von einer unabhängigen Gruppe von Wissenschaftler*innen verfasst wurde, die vom Generalsekretär der Vereinten Nationen im Auftrag der Mitgliedstaaten ernannt wurde. Es wurde geschrieben, um Maßnahmen zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu informieren. Der Bericht mit dem Titel „Die Zukunft ist jetzt: Wissenschaft zur Erreichung der SDGs“ betont, dass Regierungen, Unternehmen, Gemeinden und die Zivilgesellschaft eine Reihe von Schlüsselbereichen menschlicher Aktivitäten verändern müssen: Ernährung, Energie, Verbrauch und Städte. Verstärkte Investitionen in die Wissenschaft zur Förderung der Nachhaltigkeit sowie in natur- und sozialwissenschaftliche Einrichtungen in Entwicklungsländern sind erforderlich.

Ein Aufruf zum Handeln: 20 wichtige Maßnahmen

In der Handlungsaufforderung des Berichts werden 20 Punkte genannt, an denen Interventionen zu einem transformativen und beschleunigten Fortschritt in Richtung mehrerer Ziele und Vorgaben im kommenden Jahrzehnt führen können. Diese gezielten Maßnahmen basieren auf der jüngsten wissenschaftlichen Literatur, in der die tieferen systemischen Zusammenhänge analysiert werden, die Synergien und Kompromisse zwischen einzelnen Zielen und Vorgaben aufzeigen.

Der Bericht befürwortet den universellen Zugang zu hochwertigen Grunddienstleistungen – Gesundheitsversorgung, Bildung, Wasser- und Sanitärinfrastruktur, Wohnen und sozialer Schutz – als Voraussetzung für die Beseitigung von Armut und Fortschritten beim menschlichen Wohlbefinden, wobei Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Gruppen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Der Bericht ruft dazu auf, erneut auf die Beendigung der rechtlichen und sozialen Diskriminierung zu achten und die Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Frauengruppen und anderen Gemeinschaftsorganisationen zu stärken, um sie als wichtige Partner bei den Bemühungen um die Umsetzung der Agenda 2030 zu betrachten. Die Autoren identifizieren die Lebensmittel- und Energiesysteme als besonders wichtige Schauplätze für Veränderungen, da diese Systeme, wie sie derzeit funktionieren, die Welt in die Nähe von Wendepunkten für die Umwelt bringen, aber auch wichtige Verbindungen für die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden sind.

Das Lebensmittelsystem muss weitreichende Änderungen an der Infrastruktur, den kulturellen und gesellschaftlichen Normen und der Politik erfahren, die den gegenwärtigen, nicht nachhaltigen Status quo unterstützen. Gegenwärtig leiden ungefähr 2 Milliarden Menschen unter Ernährungsunsicherheit und 820 Millionen Menschen sind unterernährt. Gleichzeitig nimmt die Übergewichtsrate in fast allen Regionen der Welt zu. Weltweit sind 2 Milliarden Erwachsene und 40 Millionen Kinder unter fünf Jahren übergewichtig.

Für Entwicklungsländer sind stärkere Sozialschutzböden erforderlich, um Ernährungssicherheit und Ernährung zu gewährleisten. Die Länder müssen die Umweltauswirkungen ihrer Lebensmittelproduktionssysteme unter Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette verringern, indem sie Lebensmittelverschwendung und die Abhängigkeit von tierischen Proteinquellen verringern. Sowohl die Entwicklungs- als auch die Industrieländer müssen verstärkt auf Unterernährung in all ihren Formen achten – auch auf die zunehmende Zahl von Übergewichtigen.

Das Energiesystem muss sich auch transformieren, um die Energiezugangslücke zu schließen. Fast 1 Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität, hauptsächlich in Afrika südlich der Sahara, und mehr als 3 Milliarden Menschen sind darauf angewiesen, feste Brennstoffe zum Kochen zu verschmutzen, was schätzungsweise 3,8 verursacht  Millionen vorzeitiger Todesfälle pro Jahr. Diese Lücken müssen gleichzeitig geschlossen werden. Erforderlich ist die Steigerung der Energieeffizienz und Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung ohne Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, damit die Weltwirtschaft im Einklang mit den Bestrebungen des Pariser Abkommens dekarbonisiert wird.

Der Anteil moderner erneuerbarer Energien an der gesamten weltweiten Energieversorgung ist in den letzten zehn Jahren jährlich um durchschnittlich 5,4 Prozent gestiegen. Seit 2009 sind die Preise für erneuerbaren Strom für Solarphotovoltaik um 77 Prozent und für Onshore-Wind um 38 Prozent gesunken – und seit fünf Jahren in Folge haben die weltweiten Investitionen in saubere Energie jährlich 300 Milliarden US-Dollar überschritten.

Zusätzliches Wachstum wurde jedoch durch direkte und indirekte Subventionen für fossile Brennstoffe gebremst, die weiterhin von ihren tatsächlichen Kosten für Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt ablenken. Dem Bericht zufolge werden bis 2050 voraussichtlich zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Um die Agenda 2030 zu erreichen, sind kompaktere und effizientere Städte erforderlich, die durch hochwertige öffentliche Verkehrsmittel und andere Infrastrukturen, soziale Dienste und eine leistungsfähige Wirtschaft besser bedient werden können menschenwürdige und nachhaltige Lebensgrundlagen, einschließlich solcher, die durch Technologie und naturbasierte Industrien ermöglicht werden. Partnerschaften und Netzwerke zwischen Partnerstädten können kommunalen Führungskräften helfen, auf bewährten Praktiken und Fachwissen aufzubauen, ebenso wie Investitionen in den Aufbau einer „Wissenschaft der Städte“.

Die Wissenschaftler*innen betonten, dass die globalen Umweltgüter wie Atmosphäre, Regenwald und Ozeane als wichtige Quellen für Ökosystemleistungen und natürliche Ressourcen geschützt werden müssen. Regierungen, lokale Gemeinschaften, der Privatsektor und internationale Akteure müssen zusammenarbeiten, um natürliche Ressourcen zu erhalten, wiederherzustellen und nachhaltig zu nutzen. Die genaue Bewertung von Umweltgütern ist ein kritischer erster Schritt, und ihr Wert sollte durch Preisgestaltung, Transfers, Regulierung und andere wirtschaftliche Instrumente widergespiegelt werden.

Entscheidungen auf wissenschaftlicher Basis

Die Wissenschaft muss eine wichtige Rolle bei der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung spielen. Universitäten, politische Entscheidungsträger und Forschungsförderer müssen die von der Agenda 2030 geleitete Forschung stärker unterstützen. Gleichzeitig müssen Forscher der Nachhaltigkeitswissenschaft und anderer Disziplinen zusammenarbeiten, um Entwicklungsprobleme zu lösen und die Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zu stärken. Sie müssen der Gesellschaft und den politischen Entscheidungsträgern Informationen zur Verfügung stellen, die sie zur Lösung von Entwicklungsproblemen verwenden können.

Der Bericht spricht für eine Verlagerung der aktuellen Forschungsprioritäten und die Unterstützung innovativer Ansätze in der Nachhaltigkeitswissenschaft, die Betonung von interdisziplinären Partnerschaften und die Bereitstellung von Unterstützung und Ressourcen für wissenschaftliche Institutionen, insbesondere im globalen Süden. Entwicklungshilfebudgets sollten die Steigerung der wissenschaftlichen Kapazität und des Zugangs im globalen Süden priorisieren. UN-Mitgliedstaaten, Forschungskonsortien und Bibliotheken sollten zusammenarbeiten, um die grenzüberschreitende und interdisziplinäre wissenschaftliche Zusammenarbeit für die SDGs zu verbessern.

Der vollständige Bericht „Die Zukunft ist jetzt: Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung“ ist hier zu finden: https://sustainabledevelopment.un.org/gsdr2019

GSDR 2019
UNO-Bericht #GSDR fordert mehr Ambition bei der Umsetzung der 2030-Agenda

Der Globale Nachhaltigkeitsbericht identifiziert wichtige Ansatzpunkte für eine Transformation unserer Wirtschaftsweise

Der heute veröffentlichte Globale Nachhaltigkeitsbericht (Global Sustainable Development Report, #GDSR) unterstreicht die Notwendigkeit, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis 2030 zu erreichen. Besorgniserregend sind laut Bericht v.a. die global wachsende soziale Ungleichheit, ungebremster Klimawandel, der unvermindert voranschreitende Verlust der biologischen Vielfalt sowie die zunehmende Menge an menschenproduzierten Abfällen. Diese Entwicklungen zeichnen sich nicht nur durch negative, schwer zu ändernde oder unumkehrbare Auswirkungen aus, sondern erschweren die Umsetzung fast aller anderen Nachhaltigkeitsziele. Dies wirkt sich vielfach negativ auf Wirtschaft und Gesellschaft aus. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Umsetzung der 2030-Agenda wesentlich ambitionierter erfolgen muss.

Die SDGs und die Ziele des Pariser Klimaabkommens sind weiterhin erreichbar, stellt der GSDR in Übereinstimmung mit den letzten Sonderberichten des Weltklimarats (IPCC) und des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) fest. Der GSDR betont zugleich, dass dafür eine regionen- und sektorübergreifende Kooperation zwischen Regierungen, Institutionen und Akteuren aller Art nötig ist. Ein Umsteuern erfordert radikale Reformen, damit katastrophale Folgen und potentiell unumkehrbare Schäden der Umwelt verhindert bzw. abgemildert werden.

Wichtige Ansatzpunkte für die erforderliche Transformation unserer Gesellschaften sieht der Bericht vor allem im Wandel hin zu einer nachhaltigen Produktion von Nahrungsmitteln, in der Sicherstellung des universellen Zugangs zu nachhaltiger Energie, in der nachhaltigen Stadtentwicklung sowie im Schutz und nachhaltigen Management der globalen öffentlichen Umweltgüter, wie den Meeren.

Der GSDR wird alle vier Jahre von einer durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen einberufenen Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen und Herkunft für den SDG-Gipfel in New York am 24. und 25. September erstellt, die im Vierjahresrhythmus stattfinden. Er liefert jeweils einen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaften aufbauenden Überblick über die Umsetzung der 2030-Agenda, analysiert Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Nachhaltigkeitszielen der Agenda und beschreibt mögliche Transformationspfade.

Rezpetion in Deutschland

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Die Botschaft der Wissenschaft ist eindeutig: Wenn sie weitermacht wie bisher, gefährdet die Menschheit ihre natürlichen Lebensgrundlagen und dadurch auch die Grundfesten von Gesellschaft und Wirtschaft. Ein kraftvolles Umsteuern hin zu mehr Nachhaltigkeit ist dringend nötig. Das Gute ist: Die Maßnahmen dafür sind bereits erprobt und stehen uns zur Verfügung – und eine entschlossene und schnelle Umsetzung hätte auch erhebliche volkswirtschaftliche Vorteile.“

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller: „Wir müssen unseren Lebensstil und unsere Form des Wirtschaftens grundlegend ändern, das ist die Essenz des Berichts. Wir zerstören unsere eigenen Lebensgrundlagen und vor allem auch die der künftigen Generationen. Wir tun schon viel: Wir investieren in erneuerbare Energien, wir fördern den nachhaltigen Konsum und die Anpassung an den Klimawandel. Klar ist aber, wir alle müssen uns noch mehr anstrengen – jeder Einzelne und die Weltgemeinschaft als Ganzes.“

Der Bericht ist auf der folgenden Internetseite der UNO abrufbar: https://sustainabledevelopment.un.org/globalsdreport/2019

Die sich wandelnde Arbeitswelt erfordert rasches Handeln

OECD-Beschäftigungsausblick 2019

Der OECD-Beschäftigungsausblick 2019 widmet sich dem Thema Zukunft der Arbeit. Der Bericht untersucht die Auswirkungen der Megatrends Globalisierung, Digitalisierung und Bevölkerungsalterung auf die Arbeitsmärkte der OECD-Länder. Er analysiert die Trends zu Zahl und Qualität von Arbeitsplätzen sowie ihren Beitrag zu inklusivem Wachstum. Zudem werden die Folgen für Aus- und Weiterbildung, soziale Sicherung und sozialen Dialog betrachtet.

Die sich wandelnde Arbeitswelt erfordert rasches Handeln

Die Regierungen müssen ihre beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen Konzepte überprüfen und den Menschen helfen, mit dem raschen Wandel der Arbeitswelt Schritt zu halten. Wird nicht schnell gehandelt, könnten insbesondere Geringqualifizierte den Anschluss verlieren, was zu weiteren sozialen und wirtschaftlichen Spannungen führen kann. Zu diesem Schluss kommt der OECD-Beschäftigungsausblick 2019, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Der Beschäftigungsausblick ist Teil der OECD-Initiative zur Zukunft der Arbeit sowie der Kampagne „I am the Future of Work“, die dazu beitragen will, die Arbeitswelt von morgen positiv zu gestalten. Dafür fordert der Bericht eine „Transformationsagenda für eine Zukunft der Arbeit für alle“, mit vier zentralen Handlungsfeldern: Weiterbildung, arbeitsrechtlicher Schutz, soziale Sicherung und sozialer Dialog.

„Unser Beschäftigungsausblick geht nicht davon aus, dass uns die Arbeit ausgehen wird, er sieht aber große Herausforderungen für die Zukunft der Arbeit“, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. „Mit der richtigen Politik können wir diese bewältigen. Die Arbeitswelt steht vor großen Veränderungen, aber wir können heute die Zukunft der Arbeit so gestalten, dass alle profitieren.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hob hervor: „Der OECD-Beschäftigungsausblick zeigt, dass wir die Zukunft der Arbeit auch in Zeiten des Wandels selbst gestalten können. Die Sozialpartnerschaft, wie wir sie in Deutschland kennen, ist dabei eine Stärke, auf die wir setzen können. Wir brauchen aber noch mehr. Mit der nationalen Weiterbildungsstrategie wird die Bundesregierung deshalb entscheidende Weichen stellen. Dabei kommt es auf drei Punkte ganz besonders an: Rechtsansprüche auf Weiterbildung, eine faire finanzielle Unterstützung für Lohnausfall während einer Weiterbildung und eine neu organisierte Beratungsstruktur zu Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Hierzu werde ich im Sommer Vorschläge vorlegen.“

In allen OECD-Ländern nehmen gerade diejenigen am wenigsten an Weiterbildung teil, die dies am dringendsten nötig hätten, also Menschen mit niedrigen Qualifikationen, ältere Erwachsene sowie atypisch Beschäftigte. Um die Vorteile der sich wandelnden Arbeitswelt auszuschöpfen, bedarf es einer grundlegenden Überarbeitung der Weiterbildungsprogramme, um ihre Qualität zu steigern und mehr Menschen zu erreichen. Dazu gehört es auch, finanzielle und zeitliche Weiterbildungshindernisse auszuräumen, die Übertragbarkeit von Weiterbildungsansprüchen zu sichern und für qualitativ hochwertige Informations- und Beratungsangebote zu sorgen.

Ein weiterer Punkt der Agenda ist, dass alle Beschäftigten, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus, ausreichend durch das Arbeitsrecht abgesichert sind. Dazu gilt es Scheinselbstständigkeit – ein bei einigen Unternehmen beliebtes Mittel zur Umgehung von arbeitsrechtlichen und steuerlichen Regeln – wirkungsvoll zu bekämpfen. Dafür sollte die „Grauzone“ zwischen abhängiger und selbstständiger Beschäftigung so klein wie möglich gehalten und die rechtliche Stellung von Beschäftigten in diesem Bereich gestärkt werden.

Außerdem sollten die Systeme der sozialen Sicherung angepasst und ausgeweitet werden, um atypisch Beschäftigte besser abzusichern. In einigen Ländern erhalten solche Beschäftigte während Arbeitslosigkeitsphasen mit um 40 bis 50 Prozent geringerer Wahrscheinlichkeit Lohnersatzleistungen als reguläre Arbeitnehmer. Zudem sollten die Übertragbarkeit von Leistungsansprüchen zwischen verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen erleichtert und Sozialversicherungsleistungen durch universellere, bedingungslose Leistungen ergänzt werden.

Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist in den OECD-Ländern in den vergangenen 30 Jahren kontinuierlich gesunken: Waren 1985 noch 45 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert, waren es 2016 nur noch 32 Prozent. Dies hat in vielen Ländern die Verhandlungsposition der Beschäftigten geschwächt und dazu beigetragen, dass der auf die Arbeitnehmer entfallende Teil des Volkseinkommens zurückgegangen ist. Atypisch Beschäftigte sind sogar nur halb so häufig gewerkschaftlich organisiert wie reguläre Arbeitnehmer. Die Möglichkeit zur Teilnahme an Tarifverhandlungen und am sozialen Dialog sollte daher über den Kreis der regulär Beschäftigten hinaus ausgedehnt werden.

Der Bericht rechnet aufgrund der sich abzeichnenden Verlangsamung der Weltkonjunktur mit einem kurzfristigen Rückgang der Beschäftigungsdynamik. Allerdings sind die während der Krise verzeichneten Beschäftigungseinbußen im OECD-Raum wieder voll ausgeglichen. Die Erwerbstätigenquote, d.h. der Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung im Erwerbsalter, ist heute sogar zwei Prozentpunkte höher als vor der Wirtschaftskrise.

In den meisten OECD-Ländern hat die Erwerbsbeteiligung insgesamt zugenommen, u.a. weil heute deutlich mehr Frauen und ältere Menschen erwerbstätig sind. Gleichzeitig sind deutlich mehr Jobs für Hochqualifizierte entstanden, deren Anteil an den Erwerbstätigen in den OECD-Ländern in den vergangenen zwei Jahrzehnten um 25 Prozent gestiegen ist.

Der Arbeitsmarkt hat sich jedoch weiter polarisiert. In vielen Ländern ist ein wachsender Anteil junger Menschen ohne tertiären Bildungsabschluss nicht erwerbstätig bzw. unterbeschäftigt oder gering entlohnt. In einigen Ländern war bei Männern eine Zunahme von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zu verzeichnen. Dennoch sind die Arbeitsmarktergebnisse für Frauen im Schnitt immer noch schlechter.

Digitale Transformation, Globalisierung und demografischer Wandel verändern bereits heute die Welt der Arbeit. In den nächsten 15 bis 20 Jahren könnten 14 Prozent der aktuellen Arbeitsplätze aufgrund von Automatisierung verschwinden; weitere 32 Prozent dürften sich radikal verändern.

Unbefristete Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse dürften zwar auch in Zukunft den Großteil der Beschäftigung ausmachen. In den letzten Jahren war jedoch in einigen Ländern ein weiterer Anstieg atypischer Beschäftigung – z.B. (schein-)selbstständiger oder befristeter Beschäftigung – zu verzeichnen. Die Teilzeitbeschäftigung hat in den letzten Jahrzehnten in fast allen OECD-Ländern zugenommen. Auch der Anteil der Personen, die unfreiwillig in Teilzeit arbeiten, ist in zwei Dritteln der OECD-Länder gestiegen, für die diese Daten vorliegen.

Den Bericht und weiteres Material finden Sie auf unserer Webseite unter www.oecd.org/berlin/publikationen/employment-outlook-2019.htm.

Weitere Information zu unserer Kampagne „I am the future of work“ finden Sie unter https://futureofwork.oecd.org/.

FES in Skopje
Evaluierung des gesellschafts- und gewerkschaftspolitischen Dialogs in Nord-Mazedonien

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat Karsten Weitzenegger mit der Evaluierung ihrer Arbeit in Nord-Mazedonien beauftragt. Die FES ist seit 1996 mit einem Büro in Skopje vertreten. Dort läuft ein Teil des Regionalprojekts „Gesellschafts- und gewerkschaftspolitischer Dialog in Südosteuropa“.

Die FES arbeitet seit Jahrzehnten als Partnerin der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik. Dabei steht die Förderung von sozialer Gerechtigkeit, von Demokratie, Frieden und Sicherheit seit jeher für die FES im Vordergrund. Weltweit versucht die Stiftung, demokratische Kräfte zu stärken und politischen Nachwuchs zu fördern. In Europa sind die Gestaltung der Europäischen Union und die Akzeptanz der europäischen Idee zentrale Themen. Dies bestimmt auch die Oberziele der FES in Mazedonien.

Evaluierungskriterien sind vorrangig Relevanz und Wirkung, daneben Effektivität, Effizienz, und Nachhaltigkeit. Der Evaluierungsbericht soll Empfehlungen zur Weiterentwicklung von projektstrategie, Zielsetzung und Steuerung erbringen, die für die zukünftige inhaltlich-strategische Ausrichtung des Projektes verwendet werden können. Als lernende Organisation hat die Stiftung den Anspruch, Ergebnisse aus Evaluierungen für den Lernprozess zu nutzen.

In Lateinamerika sinkt das Vertrauen in den Staat

In Lateinamerika und der Karibik hat die Entfremdung zwischen Bürgern und öffentlichen Einrichtungen in den letzten Jahren zugenommen. Die jüngste Umfrage von Latinobarómetro zeigt, dass 75 % der Lateinamerikaner im Jahr 2017 wenig oder kein Vertrauen in ihre nationalen Regierungen hatten, gegenüber etwa 55 % im Jahr 2010. Auch das Vertrauen in andere Institutionen wie das Justizsystem oder in Wahlen verschlechterte sich, gleichzeitig wuchs die Unzufriedenheit mit der Qualität der öffentlichen Dienste.

Der „Latin American Economic Outlook 2018“ analysiert, welcher Zusammenhang zwischen mangelndem Vertrauen und einer Reihe langjähriger struktureller Merkmale sowie neueren Dynamiken besteht, die Wirtschaft, Gesellschaft und Politik der Region prägen. Er befasst sich mit der Frage, wie Institutionen auf lange Sicht dazu beitragen können, integratives Wachstum und mehr Wohlbefinden zu schaffen. Zudem liefert der Bericht einen Überblick über die wichtigsten makroökonomischen Herausforderungen der Region und untersucht politische Optionen, um Wachstum zu fördern. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Thema Handel.

Latin American Economic Outlook 2018: Rethinking Institutions for Development
Direktzugang zur Online-Ausgabe:
www.oecd-ilibrary.org/development/latin-american-economic-outlook-2018_leo-2018-en

Nachhaltige Stadtentwicklung ist ein Globales Ziel – New Urban Agenda bei Habitat III

Die 2030-Agenda setzt mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) neue Maßstäbe für die die Stadt-, Regional- und Kommunalpolitik: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten (SDG 11); soziale Ungleichheit abbauen (SDG 10), Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern (SDG 7) ; eine belastbare Infrastruktur aufbauen (SDG 9), inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen (SDG 9); Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen (SDG 13).

habitat-iiiNach dem Weltsiedlungsgipfel Habitat III in Quito gibt es einen stadtpolitischen Folgeprozess, der direkt Bezug auf die Umsetzung des SDG 11 nimmt. Diese New Urban Agenda (NUA) sollte die dreifache Funktion der Städte in der Förderung der nachhaltigen Entwicklung anerkennen. Städte sind Räume, in denen viele unterschiedliche Akteure gemeinsam die Städte der Zukunft gestalten, schaffen und aushandeln. Städte sind Orte, an denen Maßnahmen und Handlungen für – oder gegen -– nachhaltige und inklusive Entwicklung konkret werden und Gestalt annehmen.

Ob die Transformation der Welt hin zu mehr Nachhaltigkeit gelingt, wird in den Städten entschieden. Städte sind nicht nur lokale, sondern auch globale Akteure. Sie sind von grundlegender Bedeutung für nachhaltige Entwicklung sowie für den Schutz globaler öffentlicher Güter wie beispielsweise der Ökosysteme, des Klimas, des wirtschaftlichen Wohlstands, der sozialen Integration, der Demokratisierung sowie politischer Stabilität. Dieses Verständnis der Rolle der Städte verlangt nach einer Neugestaltung der politischen Antworten und nach wirklich transformativen Maßnahmen, die die Art und Weise, wie wir Städte nutzen, bauen und verwalten bzw. steuern, grundlegend verändern.

Städte weltweit müssen sich selbst neu erfinden, wenn sie ein sicheres Zuhause für kommende Generationen sein wollen. Nur wenn Städte und Stadtgesellschaften ausreichend handlungsfähig werden, können sie ihre Kraft für eine nachhaltige Entwicklung entfalten. Ein „Weiter so wie bisher“, würde ohne gestaltende Urbanisierungspolitik zu einer nicht-nachhaltigen Welt-Städte-Gesellschaft führen. Nur wenn Städte und Stadtgesellschaften ausreichend handlungsfähig werden, können sie ihre Kraft für eine nachhaltige Entwicklung entfalten: In den Städten wird sich entscheiden, ob die Große Transformation zur Nachhaltigkeit gelingt. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Such- und Lernprozess. Es ist eine Sache der Gesellschaft insgesamt, die Welt zukunftsfähig zu machen und soziale, ökonomische und ökologische Ziele zu vereinen.

Städte wachsen weltweit. Bis 2030 werden fast zwei Drittel der Menschheit werden in Städten wohnen. Der Wissenschaftliche Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat daher sein Jahresgutachten 2016 dem Thema „Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte“ gewidmet. Demnach sei es notwendig, von der Politik der kleinen Schritte wegzukommen und stattdessen strategische Änderungen anzugehen. Zur Transformation der Städte in Richtung Nachhaltigkeit ist ein Zusammenwirken und eine Balance von drei Dimensionen nötig. Neben Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und Teilhabe erkennt der WBGU die Dimension der „Eigenart“ als zentral, um in urbanen Lebensräumen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass (a) Menschen in den räumlichen Strukturen Selbstwirksamkeit entfalten und urbane Lebensqualität für sich empfinden und herstellen können, dass sich (b) Ortsidentität und soziale Kohäsion entwickeln können und dass (c) soziale sowie ökonomische Kreativitäts- und Innovationspotenziale gestärkt werden, die durch ortsgebundene Interaktionen (Konnektivität) zwischen Akteuren aus verschiedenen gesellschaftlichen Sphären entstehen.

Literatur

Deutsches Habitat Forum, Berliner Empfehlungen für die Städte von morgen. Berlin, 2. Juni 2016, http://www.german-habitat-forum.de/assets/berliner-empfehlungen_de.pdf English: http://www.german-habitat-forum.de/english/assets/berlin_recommendations.pdf Español: http://www.german-habitat-forum.de/spanish/assets/recomendaciones-de-berl%c3%adn.pdf
Deutscher Städtetag, 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten, Musterresolution für Städte, http://www.staedtetag.de/imperia/md/content/dst/presse/2015/2030-agenda_nachhaltige_entwicklung_sept_2015.pdf
Unger, Knut, Die SDGs als Maßstab der deutschen Wohnungspolitik? In: Deutschland und die UN-Nachhaltigkeitsagenda, Juli 2016, https://www.2030report.de/sites/default/files/bericht2030/Kapitel_2-15_Unger-Wohnungspolitik.pdf
Dick, Eva, Städtische Governance für nachhaltige globale Entwicklung: von den SDGs zur New Urban Agenda, Analysen und Stellungnahmen 6/2016, Bonn: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), http://www.die-gdi.de/uploads/media/AuS_6.2016n.pdf English: http://www.die-gdi.de/briefing-paper/article/urban-governance-for-sustainable-global-development-from-the-sdgs-to-the-new-urban-agenda/
WBGU, Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte, Hauptgutachten 2016, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, Berlin, http://www.wbgu.de/hauptgutachten/hg-2016-urbanisierung/ English: http://www.wbgu.de/en/flagship-reports/fr-2016-urbanization/
Paulini, Inge, Die Große Transformation zur nachhaltigen Stadt der Zukunft, WBGU http://www.nationale-plattform-zukunftsstadt.de/NPZ_PAULINI-140930-final.pdf
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Zukunftsstadt. Strategische Forschungs- und Innovationsagenda, Berlin 2015, http://www.nationale-plattform-zukunftsstadt.de/BMBF_NPZ-FINA_Ansicht.pdf

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Lage und Perspektiven von Jugendlichen im Nahen Osten und Nordafrika

Neue OECD-Studie: Youth in the MENA Region – How to bring them in 

Paris/Berlin, 17. November 2015 (OEDC) „Youth in the MENA region: How to bring them in“ – dieser neue OECD-Bericht zur Lage der Jugendlichen im Nahen Osten und Nordafrika – der MENA-Region – wird ab heute in Berlin im Rahmen der Deauville-Partnerschaft-Konferenz „A civil society outreach“ im Auswärtigen Amt vorgestellt und diskutiert.

Er skizziert die prekäre ökonomische und soziale Lage der Jugendlichen, die trotz teilweise hoher Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (um 5%) gekennzeichnet ist von hoher Arbeitslosigkeit und oftmals mangelhaftem Zugang zu öffentlichen Leistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung.  Er macht aber vor allem deutlich, dass die Jugendlichen (im Alter von 15-24 Jahren), die im „Arabischen Frühling“ eine führende Rolle inne hatten, heute in formale politische Prozesse der Willensbildung und Entscheidungsfindung nur selten einbezogen sind. Trotz ihrer aktiven Rolle in der Zivilgesellschaft sind sie meist nicht in politischen Parteien organisiert oder an öffentlichen Konsultationsprozessen beteiligt.

Während Jugendliche in den OECD-Ländern im Durchschnitt größeres Vertrauen in die Regierung haben als die Altersgruppe der über 50-jährigen, ist dies bei Jugendlichen aus Ländern der MENA-Region in der Regel nicht der Fall. Vor diesem Hintergrund unterstreicht der OECD-Bericht die Notwendigkeit, öffentliche Verwaltungsreformen anzustoßen, die es Jugendlichen ermöglichen, aktiv an der politischen Entscheidungsfindung teilzuhaben.

Deutschland hat im Rahmen seiner G7 Präsidentschaft derzeit den Vorsitz der 2011 initiierten Deauville Partnerschaft, deren Ziel es ist, die Transformationsländer der MENA-Region in ihren Reformprozessen politisch und finanziell zu unterstützen.  Im Rahmen der Berliner Konferenz wird die OECD auch über weitere Initiativen informieren, wie:

•    Die Förderung eines regionalen Dialoges zwischen MENA- und OECD-Ländern mit dem Ziel, politische Prozesse und die Regierungsführung offener, transparenter und partizipativer zu gestalten. Die OECD unterstützt MENA-Länder zudem bei der Implementierung von Reformen im Rahmen der Open Government Partnership (OGP).

•    Die bilaterale Zusammenarbeit mit Marokko, Jordanien und Ägypten im Rahmen des G7 Deauville-Partnerschaft Transition Funds zur Beteiligung von Frauen in Parlamenten und politischen Entscheidungsfindung. Die Zusammenarbeit basiert auf den Empfehlungen des OECD-Berichts “Women in Public Life: Gender, Law and Policy in the Middle-East and North Africa”.

Den Bericht und weitere Informationen finden Sie unter www.oecd.org/mena/governance/promoting-youth-inclusion-and-empowerment.htm.

Start der „Addis Tax Initiative“: Nachhaltige Entwicklung finanzieren – Eigenbeiträge stärken

Addis Abeba (BMZ) – Am Rande der UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba hat BMZ-Staatssekretär Dr. Friedrich Kitschelt als Vertreter Deutschlands heute gemeinsam mit den internationalen Partnern die „Addis Tax Initiative“ gestartet. Ziel ist, den Entwicklungsländern Unterstützung in der Entwicklung ihrer Steuer- und Zollsysteme anzubieten, damit diese ihre Steuerquoten langfristig erhöhen können. Denn: Steuereinnahmen sind der Schlüssel für nachhaltige und erfolgreiche Entwicklungsfinanzierung. Sie werden für die Finanzierung von Entwicklung ebenso benötigt wie private Investitionen und vor allem in ärmeren Ländern ODA.

Bereits bei der Eröffnung der Konferenz in Addis am Montag hatte Bundesminister Dr. Gerd Müller größere Eigenanstrengungen der Entwicklungs- und Schwellenländer gefordert: „Die weitere Verstärkung der ODA-Mittel ist wichtig und Deutschland geht hier mit gutem Beispiel voran. ODA-Mittel sind aber kein Ersatz für Eigenanstrengungen und Investitionen, sondern eine Ergänzung.“

Steuereinnahmen stellen eine stabile und wachsende Grundlage für Entwicklung dar und stärken die Beziehung der Bürger zu ihrem Staat: Steuerzahler wollen mitbestimmen. „Investitionen in Steuersysteme sind hoch wirksame Investitionen in die Zukunft. Wer Steuersysteme fördert, stärkt damit zugleich die Demokratie“, betont Staatssekretär
Dr. Friedrich Kitschelt.
Allerdings benötigen viele Entwicklungsländer Unterstützung bei der Entwicklung fairer und transparenter Steuersysteme.

Mit der Addis Tax Initiative wird die Zusammenarbeit im Bereich öffentliche Finanzen und Steuern deutlich verstärkt: Die beteiligten Geberländer wollen ihre technische Zusammenarbeit im diesem Bereich bis 2020 verdoppeln. Neben der Entwicklung ihrer eigenen Steuersysteme soll den Entwicklungsländern die Beteiligung an der internationalen Steueragenda ermöglicht werden, damit internationale Steuervermeidung und
-hinterziehung effektiv bekämpft werden kann. Bereits 32 Länder sind der Initiative beigetreten.

Deutschland ist einer der führenden Geber für die Stärkung der öffentlichen Finanzen in den Partnerländern. Als Basis dient das 2014 veröffentlichte BMZ-Konzept „Good Financial Governance“. Derzeit werden etwa 30 zwischenstaatliche Vorhaben z.B. in Ghana, Kenia, Ruanda oder El Salvador wie auch regionale Vorhaben wie zur Förderung der Steuerharmonisierung in der Ostafrikanischen Gemeinschaft unterstützt. Um diese Unterstützung zu koordinieren, hat Deutschland die Plattform „International Tax Compact“ gegründet. Sie soll den Dialog über gerechtere und effektivere Steuersysteme zwischen Geber- und Entwicklungsländern fördern.

Das vollständige Kommuniqué zur Addis Tax Initiative finden Sie hier (PDF, englisch) sowie eine mit den USA, Großbritannien und den Niederlanden abgestimmte Pressemitteilung (PDF, englisch) hier.

Nachhaltigkeit gelingt nur gemeinsam – #BonnConference for Global Transformation

700 Teilnehmer aus 70 Ländern waren sich einig, dass nachhaltiges Handeln nur gemeinsam gelingen kann. Bei der Bonn Conference for Global Transformation am 12. und 13. Mai ließen sie sich von den besten Ideen weltweit inspirieren.

Bonn, 13. Mai 2015 – „Es geht nicht um das Ob sondern um das Wie.“ Jeffrey D. Sachs, Sonderberater des UNO-Generalsekretärs Ban Ki-moon für die Milleniumsentwicklungsziele, brachte es auf der ersten Bonn Conference for Global Transformation auf den Punkt: „Gerade in Zeiten von Klimakatastrophen, Hungersnöten und Kriegen ist nachhaltiges Handeln die einzige mögliche Antwort. Wir brauchen dringend internationalen Austausch, um voneinander zu lernen und die Umsetzung in die Praxis voranzutreiben.“ 700 Teilnehmer aus 70 Ländern taten auf der zweitägigen Konferenz genau das: Sie teilten ihre erfolgreichen Ansätze und Ideen, knüpften weltweite Kontakte und ließen sich von Nachhaltigkeitsprofis inspirieren.

Zum Beispiel Su Kahumbu Stephanou: Die kenianische Bio-Landwirtin und Vorreiterin im Bereich Bio-Lebensmittel in Afrika hat eine Handy-App entwickelt, die Bauern vor Ort bei der Viehzucht unterstützt: „Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit gibt es erstens die Theoretiker und Strategen, zweitens die Politiker und drittens die Macher beziehungsweise Erfinder kreativer und innovativer Projekte. Sie müssen sich gezielt austauschen, damit Nachhaltigkeit gelingt. Deswegen ist diese Konferenz so wichtig, denn hier haben wir alle die Möglichkeit dazu. Es ist gut, dass sie nun alle zwei Jahre stattfinden wird. Eigentlich müsste es Konferenzen wie diese überall auf der Welt geben.“

Unterdessen hob die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Claudia Roth, die wichtige Rolle Deutschlands für das Gelingen einer nachhaltigen Welt hervor: „So viele Länder schauen zu uns, um herauszufinden, ob und wie Nachhaltigkeit gelingen kann, nicht nur im Energie- und Wirtschaftsbereich. Sie sagen ganz deutlich: Wenn Deutschland das schafft, dann versuchen wir es auch. Über die Bonn Conference for Global Transformation sagte sie: „Hier kommen diejenigen zusammen, die Tag für Tag daran feilen, gute und praktische Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.“

VENRO und das Eine Welt Netz Nordrhein-Westfalen haben im Rahmen der Konferenz gemeinsam einen Workshop zu „Civil Society Actors as Change Agents“ gestaltet. Im Zentrum des Workshops standen die Fragen: Wie können NRO zu Agenten des Wandels werden? Welche Ressourcen und Charakteristika stehen ihnen zur Verfügung, um die globale Transformation zu Nachhaltigkeit mitzugestalten?

Über die Bonn Conference

Die Bonn Conference for Global Transformation ist eine internationale Konferenzreihe des Landes Nordrhein-Westfalen und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Die Konferenz findet von 2015 an alle zwei Jahre in Bonn statt. Inhaltlich befasst sie sich mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen nach 2015. Starke Partner unterstützen die Reihe: United Nations University, Sustainable Development Solutions Network und die Deutsche Welle.

Weitere Informationen unter https://www.bonn-conference.net/de/

Ballungszentren bleiben attraktiv und produktiv – The Metropolitan Century

Städte mit vielen Einwohnern sind oft produktiver als kleinere urbane Zentren und erwirtschaften dadurch ein größeres Bruttoinlandsprodukt. Allerdings machen zersplitterte Verwaltungsstrukturen einen Teil dieses Wirtschaftsvorteils häufig wieder zunichte.

Der jüngste OECD-Bericht zur Stadtentwicklung, „The Metropolitan Century“, nennt eine Reihe von Faktoren, die Produktivität und Wirtschaftswachstum in Städten positiv beeinflussen: So führt der stärkere Wettbewerb von Arbeitgebern und Arbeitnehmern dazu, dass Stellen mit den bestmöglichen Kandidaten besetzt werden. Zudem ist das intellektuelle und unternehmerische Umfeld vielfältiger, was wiederum dabei hilft, dass sich neue Ideen schneller verbreiten. Schließlich ist der Anteil hochqualifizierter Menschen in Großstädten verhältnismäßig hoch – das verbessert dem Bericht zufolge die Leistungsfähigkeit anderer Menschen mit hohem Kompetenzniveau, wirkt aber auch auf die Produktivität weniger Gebildeter.

„The Metropolitan Century“ analysiert den Einfluss großer Städte auf das Wohl der Bewohner sowie auf die ökonomische und ökologische Entwicklung der Länder, in denen sie sich befinden. Die Publikation erläutert, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit urbane Zentren gut funktionieren und welche Herausforderungen die Urbanisierungswelle des 21. Jahrhunderts für Planer und Politiker mit sich bringt.

Besonders attraktiv ist das Leben in Städten für qualifizierte Menschen im Erwerbsalter. Sie verdienen in Ballungsräumen deutlich mehr als auf dem Land und haben dort bessere Aussichten, einen Job zu finden, der ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht. Für Arbeitssuchende mit niedrigerer Qualifikation ist die Situation häufig schwieriger. Die Kehrseite guter Löhne und eines passgenauen Arbeitsmarktes ist Arbeitslosigkeit und soziale Ungleichheit. Diese ist in Städten oft größer als im ländlichen Raum und wird dadurch verschärft, dass das höhere Lohnniveau von Ballungsräumen auch mit höheren Preisen einhergeht.

In vielen Städten verlaufen darüber hinaus klare geografische Grenzen zwischen arm und reich. Diese Grenzen verstärken die ohnehin schon vorhandene soziale Trennung und führen im schlechtesten Fall dazu, dass sich soziale Ungleichheit automatisch fortsetzt. Wo die Stadtverwaltung auf viele Gemeinden oder Bezirke aufgeteilt ist, erhöht sich die Gefahr für solche Automatismen: Ärmere Bezirke nehmen in der Regel weniger Steuern ein und haben dadurch auch weniger Mittel, mit denen sie Infrastruktur und öffentliche Dienste finanzieren könnten. Bewohner, die es sich leisten können, in Gebiete mit besseren Strukturen zu ziehen, verlassen die armen Nachbarschaften und setzen somit eine Abwärtsspirale in Gang.

Stadtübergreifende Verwaltungsmechanismen, die sicherstellen, dass öffentliche Dienste weithin verfügbar sind und dass ärmere Viertel durch ein gut funktionierendes öffentliches Nahverkehrsnetz an reichere Viertel angebunden sind, können verhindern, dass die soziale Spreizung in Metropolen weiter voranschreitet. Der öffentliche Nahverkehr spielt aber nicht nur in sozialer, sondern auch in ökologischer Hinsicht eine zentrale Rolle: Der Pro-Kopf-CO²-Ausstoß in Ballungsgebieten kann niedriger sein als im ländlichen Raum – vorausgesetzt, das Nahverkehrssystem ist gut ausgebaut und die negativen Folgen von motorisiertem Individualverkehr (Luftverschmutzung, Stau, Lärm) werden mit einem angemessenen Preis versehen. Allzu häufig ist das nicht der Fall, Großstädte zersiedeln und die potenziell positive Umweltbilanz der urbanen Zentren leidet.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Bericht eine enge Zusammenarbeit zwischen städtischen Raum- und Verkehrsplanern, die sicherstellt, dass große Stadtgebiete durch das öffentliche Transportnetz erschlossen werden. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die gesetzlichen Regeln zur Bebauung abwägen zwischen dem Schutz historischer Viertel und Grünflächen auf der einen und dem Bedarf an neuem Bauland auf der anderen Seite.

Die meisten Industrieländer haben die großen Urbanisierungsphasen schon hinter sich. Hier geht es künftig vor allem darum, Großstädte auf die Bedürfnisse einer älter werdenden Bevölkerung auszurichten und insgesamt einen attraktives und sicheres Lebensumfeld zu schaffen. In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern hingegen stehen in den kommenden Jahrzehnten enorme Veränderungen an. Sie kämpfen oft noch darum, grundlegende Infrastruktur wie Trink- und Abwasserversorgung oder Strom für alle Stadtbewohner zugänglich zu machen. Gleichzeitig können sie die Urbanisierung so bewusst gestalten wie kaum ein Land Europas oder Nordamerikas. Kluge Stadtpolitik, so der Bericht, kann ihnen dabei helfen, ihre Städte zu lebenswerten Orten zu machen und sie zu Wirtschafts-Zentren zu formen, die mehr ökonomische Stärke haben, als eine ganze Anzahl kleinerer OECD-Länder für sich genommen.

Mit der Frage, wie Großstädte am besten verwaltet werden, beschäftigt sich ein weiterer aktueller Bericht der OECD: „Governing the City“ schaut auf Verwaltungsformen rund um den Globus und beleuchtet anhand von sechs Fallstudien – unter anderem zu Frankfurt a.M. –, welche Ansätze und Probleme es in Metropolregionen der OECD gibt. Mehr Informationen zum Bericht finden Sie unter www.oecd.org/berlin/publikationen/the-metropolitan-century.htm.