Entwicklungsinvestitionsfonds soll Marktchancen deutscher Unternehmen in Afrika erhöhen

Berlin – Unternehmen, die in Afrika investieren wollen, können sich ab sofort um Förderung im Rahmen des Entwicklungsinvestitionsfonds bewerben. Der Startschuss für das Programm „AfricaConnect“, das deutschen und europäischen Firmen offensteht, fiel heute Abend in Berlin.

„Den Unternehmen, die in Afrika investieren wollen, fehlt heute oft die passende Finanzierung. Deshalb geht nur ein Prozent der deutschen Auslandsinvestitionen nach Afrika. Das muss sich ändern, weil auch Afrika sich ändert – dort liegen die künftigen Wachstumsmärkte: In den nächsten zehn Jahren wird in Afrika mehr gebaut, als in den letzten hundert Jahren in Europa. Sechs der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften sind in Afrika. Länder wie Äthiopien, Elfenbeinküste oder Ghana haben ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent. Bei dieser Entwicklung sollte die deutsche Wirtschaft dabei sein. Wichtig ist jetzt, dass wir vom Finanzminister die nötigen Finanzmittel erhalten, um die neuen Angebote in möglichst großer Anzahl umsetzen zu können. Nur so können wir das Versprechen der Bundesregierung an Afrika auch einlösen: Bis zu einer Milliarde Euro für den Förderrahmen für mehr Investitionen des Mittelstands in Afrika“, so Bundesentwicklungsminister Gerd Müller.

„Die Einforderung guter Regierungsführung, eine Verstärkung der Privatinvestitionen und fairer Handel – das sind die drei Säulen der neuen Entwicklungszusammenarbeit mit afrikanischen Staaten. Notwendig ist dazu jetzt eine Verstärkung der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere um Technologie- und Bildungstransfers auszubauen. Mit dem neuen Instrument des Entwicklungsinvestitionsfonds schaffen wir jetzt den Einstieg in ein afrikanisches Mittelstandsförderungsprogramm mit neuen attraktiven Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen. Auf nach Afrika, dort liegen die Zukunftsmärkte!“, so der Minister weiter.

Künftig erhalten deutsche und europäische Unternehmen für ihre Projekte in Afrika Kredite zu attraktiven Konditionen. Entscheidend für eine Förderung ist die wirtschaftliche, ökologische und entwicklungspolitische Nachhaltigkeit der Investition. So müssen geförderte Projekte vor Ort einen Mehrwert schaffen – Ausbildung, qualifizierte Arbeitsplätze, neue Perspektiven für junge Menschen. Die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft berät, prüft und begleitet Unternehmen während des gesamten Investitionszyklus.

Minister Müller: „Mit dem Entwicklungsinvestitionsfonds schließen wir eine Förderlücke. Dem Mittelstand bieten wir eine Teilung des Risikos bei Geschäften in Afrika an. So kann zum Beispiel ein Textilunternehmen profitieren und seine Produktionsstätte in Afrika ausweiten. Und wir fördern die aufstrebende afrikanische Startup-Szene. Mehr Kapital bedeutet auch mehr Jobs vor Ort! Das sind genau die Angebote, die sich Unternehmen und afrikanische Partner wünschen: Moderne Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam mit der Wirtschaft, und Unterstützung für Reformen in Afrika. Das ist ganz auf der Linie des Marshallplans mit Afrika und unserer Reformpartnerschaften: Wer das Investitionsklima verbessert, bürokratische Hürden abbaut und Korruption bekämpft, profitiert.“

Insgesamt besteht der Entwicklungsinvestitionsfonds aus drei Komponenten:

  • ​​„AfricaConnect“ startet ab sofort und ist ein Finanzierungsangebot für private Unternehmen mit Hauptsitz in der EU, das den klassischen Mittelstand fördert. Umgesetzt wird das Angebot von der DEG. Aber auch private Unternehmen mit Sitz in Afrika werden gefördert, wenn sie europäische Anteilseigner oder langfristige Vertragsbedingungen mit europäischen Partnern haben. Es können Darlehen zwischen 750.000 und 4 Millionen Euro für entwicklungsrelevante Investitionen in Afrika finanziert werden, die Laufzeiten betragen drei bis sieben Jahre. Unternehmen müssen sich dazu am unternehmerischen Risiko beteiligen (mindestens 30 Prozent Eigenbeteiligung an der Investitionssumme) und erkennbar zur Entwicklung des Zielmarktes beitragen – etwa eine direkte Beschäftigungswirkung vor Ort zu guten Arbeitsbedingungen oder auch die Einführung neuer Technologien oder innovativer Dienstleistungen in afrikanischen Märkten. Die politischen und wirtschaftlichen Risiken werden durch eine einzigartige Risikoteilung abgemildert, denn das Darlehen wird wie Eigenkapital behandelt und muss im Stressfall nicht vorrangig bedient werden.
  • „AfricaGrow“ startet im Lauf des Jahres 2019 und stellt Wachstumskapital für kleine und mittlere Unternehmen in Afrika in unterschiedlichen Risikoklassen zur Verfügung. Denn nur mit einer breiteren Kapitalbasis können diese Unternehmen auch in Wachstum und mehr Arbeitsplätze investieren. Der bei der KfW Entwicklungsbank aufgesetzte „AfricaGrow“-Dachfonds investiert in afrikanischen KMU-Wagnis- und Eigenkapitalfonds, damit diese zusätzliche Unternehmen fördern können. Damit werden die lokalen Finanzmarktstrukturen in Afrika entscheidend gefördert. Die DEG beteiligt sich an „AfricaGrow“ und sendet so ein wichtiges Signal an private Investoren.
  • Das „Wirtschaftsnetzwerk Afrika“ bündelt Beratungs- und Unterstützungsangebote der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit, um den Markteintritt deutscher Mittelständler sowie die Ausweitung der Geschäftstätigkeit in afrikanischen Wachstumsmärkten zu erleichtern. Ab dem zweiten Halbjahr 2019 wird es eine einheitliche Ansprechstruktur für Unternehmen geben.

Das Bundesentwicklungsministerium startet gemeinsam mit der DEG und der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) zu einer Roadshow durch Deutschland, um die neuen Angebote vor Ort bei den Unternehmen vorzustellen. Für Informationen können Unternehmen und Verbände die AWE kontaktieren.​ https://www.wirtschaft-entwicklung.de

 

GIZ legt Fokus auf berufliche Perspektiven in Afrika

Geschäftsvolumen der GIZ steigt 2017 um knapp 7 Prozent

Berlin, 10. Juli 2018( giz) Lebensbedingungen von Millionen Frauen, Männern und Kindern weltweit zu verbessern, dafür setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ein. „Damit Menschen gut in ihrer Heimat leben können, brauchen sie Bildung für ihre Kinder, Ausbildung für Jugendliche und ein Einkommen, um sich und ihre Familien zu ernähren. Wir setzen uns im Auftrag der Bundesregierung dafür ein, Entwicklung und Beschäftigung zu fördern“, sagte GIZ-Vorstandssprecherin Tanja Gönner bei der Jahrespressekonferenz. „Denn gerade Beschäftigung schafft Zukunft.“ Die zunehmende Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit zeigt sich in der Bilanz der GIZ: Im Jahr 2017 betrug das Geschäftsvolumen rund 2,6 Milliarden Euro, ein Wachstum von knapp 7 Prozent. Die Aufträge stammen von der Bundesregierung, der Europäischen Union (EU), aber auch von nationalen Regierungen. Hauptauftraggeber ist das Bundesentwicklungsministerium (BMZ).

Ein Fokus der Arbeit der GIZ liegt auf Afrika. „Die Bundesregierung investiert gezielt in Zukunftsperspektiven vor Ort, vor allem in Bildung, Ausbildung und Beschäftigung. Denn wer ein sicheres Auskommen hat, kann auch in seiner Heimat bleiben“, sagte der Staatssekretär im BMZ und GIZ-Aufsichtsratsvorsitzende Martin Jäger. „Für die Umsetzung unserer Arbeit setzt das Entwicklungsministerium auf die GIZ als zuverlässigen Partner, gerade mit ihrer langjährigen Erfahrung in vielen afrikanischen Ländern.“ Für mehr und bessere Beschäftigung in Nordafrika und Nahost setzt sich die GIZ unter anderem über eine BMZ-Sonderinitiative ein: Hier hat die GIZ in den vergangenen drei Jahren mehr als 100.000 Menschen bessere berufliche Perspektiven eröffnet und die Lebenssituation von Familien verbessert. Insgesamt kommt die Arbeit der GIZ mehr als 450.000 Menschen zugute.

Auch die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft spielt eine wichtige Rolle. So profitieren 10 Millionen Menschen davon, dass die GIZ mit Unterstützung der Privatwirtschaft den Anbau von Kakao, Cashewnüssen, Baumwolle und Reis in 14 afrikanischen Ländern verbessert. Den größten finanziellen Beitrag zu diesen Projekten, die die GIZ für das Entwicklungsministerium umsetzt, leisten die Partner aus der Privatwirtschaft, darunter die Bill & Melinda Gates Stiftung und Unternehmen wie Kraft Heinz Foods, Intersnack und Olam.

Inhaltlich prägen drei Themen die Arbeit der GIZ: Flucht und Migration, Sicherheit und Stabilisierung sowie Klima und Energie. Jedes dritte Projekt gilt dem Klima. Seit Ende 2017 ist die GIZ auch für den Green Climate Fund tätig, den 194 Staaten für Klimaprojekte in Entwicklungsländern gegründet haben. In ihrem ersten Projekt für den GCF wird die GIZ die Wasserversorgung im Inselstaat Grenada widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels machen. Mehr als 100.000 Menschen werden davon profitieren.

85.000 Jobs für Flüchtlinge und Menschen in aufnehmenden Gemeinden

Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Unterstützung von Flüchtlingen und aufnehmenden Gemeinden. So hat die GIZ für die Bundesregierung gemeinsam mit der KfW in Syriens Nachbarländern die Schaffung von rund 85.000 Jobs über direkt entlohnte Beschäftigungsmaßnahmen unterstützt. Flüchtlinge und lokale Bevölkerung erhalten so schnell verfügbares Einkommen. „Damit helfen wir unmittelbar und schnell vor Ort“, sagte Gönner. „In der internationalen Zusammenarbeit kommt es darauf an, flexibel zu sein und gleichzeitig die Weichen für eine langfristige und strukturelle Entwicklung zu stellen.“

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Arbeit für das BMZ einen Zuwachs um 215 Millionen Euro oder 11 Prozent auf insgesamt rund 2,1 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch Mittel von Dritten wie der EU, ausländischen Regierungen oder Stiftungen, die als Kofinanziers zusätzliche Gelder bereitstellen. Nimmt man die Mittel der EU bei den Kofinanzierungen und direkten Beauftragungen zusammen, ist die EU zweitgrößter Auftraggeber mit rund 290 Millionen Euro, ein Zuwachs von rund 24 Prozent. Bei Aufträgen anderer deutscher Bundesministerien lag das Volumen im Jahr 2017 bei 330 Millionen Euro, ein Plus von 15 Millionen Euro oder fünf Prozent zum Vorjahr. Für das Unternehmen arbeiteten Ende 2017 insgesamt 19.506 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 120 Ländern, 1.246 mehr als im Vorjahr. Fast 70 Prozent der Beschäftigten stammen aus den Einsatzländern.

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ist ein weltweit tätiges Bundesunternehmen. Sie unterstützt die Bundesregierung in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und in der internationalen Bildungsarbeit. Die GIZ trägt dazu bei, dass Menschen und Gesellschaften eigene Perspektiven entwickeln und ihre Lebensbedingungen verbessern. Den Integrierten Unternehmensbericht mit diesen und weiterführenden Zahlen und Inhalten finden Sie unter https://berichterstattung.giz.de

OECD: Mittel für Entwicklungszusammenarbeit 2017 leicht gesunken

Paris/Berlin, 9. April 2018 – Die staatlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit der Geberländer im OECD-Entwicklungsausschuss (DAC) sind 2017 leicht auf 146,6 Milliarden US-Dollar gesunken. Gegenüber 2016 ist das ein Rückgang um 0,6 Prozent. Grund dafür waren vor allem geringere Ausgaben für Flüchtlinge in den Geberländern. Gleichzeitig sind mehr Mittel in die Länder geflossen, die am dringendsten Hilfe benötigen. Dies geht aus den vorläufigen Daten zur Entwicklungszusammenarbeit hervor, die die OECD heute veröffentlicht hat.

Ohne die Ausgaben für Flüchtlinge in Geberländern sind die Nettoausgaben zur Entwicklungszusammenarbeit der DAC-Mitglieder gegenüber 2016 real um 1,1 Prozent (d. h. bereinigt um Inflation und Währungsschwankungen) gestiegen. Die Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen gingen gleichzeitig um 13,6 Prozent auf 14,2 Mrd. US-Dollar zurück. Hintergrund ist der Rückgang der Flüchtlingszahlen, vor allem in Europa. 2017 beliefen sich die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen auf 9,7 Prozent der Gesamtausgaben für Entwicklungszusammenarbeit, 2016 waren es noch 11 Prozent.

Die bilaterale Hilfe für die am wenigsten entwickelten Länder stieg real um 4 Prozent auf 26 Mrd. US-Dollar,  nachdem sie mehrere Jahre in Folge gesunken war. Die Hilfe für Afrika stieg um 3 Prozent auf 29 Mrd. US-Dollar. Innerhalb Afrikas stieg die Hilfe für die Subsahara-Region ebenfalls  um 3 Prozent auf 25 Mrd. US-Dollar. Die Ausgaben für humanitäre Hilfe wuchsen um 6,1 Prozent auf 15,5 Mrd. US-Dollar.

Die gesamten Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit betragen gemessen an den kumulierten Bruttonationaleinkommen (BNE) der DAC-Mitglieder 0,31 Prozent. Damit bleiben sie weiter deutlich unter dem Ziel der Vereinten Nationen. Im Rahmen der UN haben sich die Geberländer verpflichtet, 0,7 Prozent ihres BNE für die Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden.

„Es ist gut, dass heute mehr Geld dorthin fließt, wo es am dringendsten gebraucht wird. Wir sind aber noch nicht am Ziel. Zu viele Geber bleiben nach wie vor weit hinter dem 0,7-Prozent-Ziel zurück „, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. „Die Unterstützung der Entwicklungsländer ist der beste Weg, um Stabilität und integratives Wachstum zu fördern und von entscheidender Bedeutung, damit die Entwicklungsländer die Sustainable Development Goals erreichen. Die Geberländer sollten den wirtschaftlichen Aufschwung nutzen und ihre Anstrengungen verstärken, um die Entwicklungszusammenarbeit auszubauen und sicherzustellen, dass sie die Ärmsten erreicht. “

Seit 1988 können bestimmte Ausgaben aus der Flüchtlingshilfe im ersten Jahr nach der Ankunft auf die Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit angerechnet werden. In neun Ländern machten diese Ausgaben mehr als 10 Prozent der gesamten Entwicklungszusammenarbeit aus. In Deutschland, Griechenland, Island und Italien liegt der Anteil sogar bei mehr als 20 Prozent.

Insgesamt stiegen die gesamten Nettobeiträge 2016 in elf Ländern, wobei die Aufwendungen in Frankreich, Italien, Japan und Schweden am stärksten zulegten. Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit sanken in 18 Ländern, in vielen Fällen aufgrund der geringeren Ausgaben für Flüchtlinge. Die stärksten Rückgänge waren in Australien, Österreich, Griechenland, Ungarn, Norwegen, Slowenien, Spanien und der Schweiz zu verzeichnen.

Unter den Nicht-DAC-Mitgliedern, die ihre Ausgaben an die OECD melden, verzeichneten die Vereinigten Arabischen Emirate im Jahr 2017 die höchsten Beiträge gemessen am BNE (1,31%).

„Ich freue mich, dass die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit in den am wenigsten entwickelten Ländern gestiegen sind, und ich möchte die DAC-Mitglieder auffordern, diese Bemühungen fortzusetzen. Wir sollten die Beiträge für langfristige Zwecke in den bedürftigsten Ländern investieren und mit Darlehen an Länder mit mittlerem Einkommen vorsichtig sein“, sagte die DAC-Vorsitzende Charlotte Petri Gornitzka.

Fünf DAC-Länder – Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden und das Vereinigte Königreich – erfüllten 2017 das Ziel der Vereinten Nationen und wendeten mindestens 0,7 Prozent ihres BNEs für die Entwicklungszusammenarbeit auf. Nachdem Deutschland 2016 das Ziel ebenfalls erreicht hatte, fiel es 2017 zurück und bleibt neben 24 weiteren Geberländern unter dem Schwellenwert.

Gelder aus der Entwicklungszusammenarbeit machen mehr als zwei Drittel der Außenfinanzierung für die am wenigsten entwickelten Länder aus. Der OECD-Entwicklungsausschuss drängt darauf, dass Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeit besser als Hebel genutzt werden, um in armen Ländern private Investitionen anzuregen und Steuereinnahmen zu generieren, um so die Sustainable Development Goals der UN zu erreichen.

Die meisten Mittel, die der Entwicklungszusammenarbeit dienen, werden in Form von Zuschüssen gewährt. Allerdings stieg das Volumen der Darlehen an Entwicklungsländer im Jahr 2017 um 13 Prozent. Bei einigen Geberländern machten die Vorzugsdarlehen mehr als ein Viertel der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit aus.

OECD DAC 2017 Report
Daten für Entwicklung | OECD Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2017
Daten sind eine Grundvoraussetzung, um die Agenda 2030 der Vereinten Nationen umsetzen zu können und sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird. Dabei stellen die SDG (Sustainable Development Goals) hohe Anforderungen an die nationalen Statistiksysteme weltweit, vor allem die vieler Entwicklungsländer. 
Der „Development Co-operation Report“ legt daher in diesem Jahr den Fokus auf das Thema Daten für Entwicklung. Der Bericht schlägt konkrete Maßnahmen vor, wie Entwicklungsländer und ihre Partner die im Hinblick auf Daten bestehende Kluft überbrücken können. Und er geht der Frage auf den Grund, wie sich die statistischen Systeme in Entwicklungsländern stärken lassen, um bessere Daten für eine bessere Politik und bessere Lebensbedingungen zu liefern.

Daten sind eine Grundvoraussetzung, um die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen umsetzen und sicherstellen zu können, dass niemand zurückgelassen wird. Der Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2017 legt den Fokus auf das Thema Daten für Entwicklung, denn qualitativ hochwertige, zeitnahe und aufgeschlüsselte Daten sind unerlässlich, um das übergeordnete Entwicklungsziel – das Wohlergehen der Menschen zu steigern und die Armut zu bekämpfen – zu erreichen. Es besteht allerdings ein erhebliches Risiko, dass der anhaltende Mangel an grundlegenden Daten über die Bevölkerung und den Planeten in den Entwicklungsländern bzw. die geringen Anreize und Kapazitäten zur Beseitigung dieser Defizite einer erfolgreichen Umsetzung im Weg stehen.

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDG) stellen an die nationalen Statistiksysteme weltweit hohe Anforderungen. Die meisten Länder, darunter zahlreiche OECD‑Länder, haben für viele der Indikatoren des globalen Indikatorenrahmens der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen noch nicht mit der Datenerhebung begonnen. Viele Entwicklungsländer mit geringen Statistikkapazitäten stehen sogar vor noch größeren Herausforderungen. So sind etwa die Armutsdaten in 77 Entwicklungsländern unzureichend. In nur 56% der Länder weltweit werden mindestens 90% der Geburten erfasst, und in Subsahara‑Afrika stehen lediglich in 15%, in Südasien in 33% und in Südostasien in 36% der Länder solche Daten zur Verfügung. Über nationale Statistikvorschriften, die den Grundprinzipien der amtlichen Statistik der Vereinten Nationen entsprechen, verfügen lediglich 37 Länder. Es sind nach wie vor große methodologische und strategische Herausforderungen zu bewältigen, u.a. jene, die Datenerhebung für das globale Monitoring einerseits und für die nationale Politikgestaltung andererseits zu harmonisieren.

In diesem Bericht wird untersucht, wie Entwicklungsländer und ihre Entwicklungspartner die im Hinblick auf Daten bestehende Kluft überbrücken können, indem sie die einzigartige Chance nutzen, die Technik in den Dienst des bislang ehrgeizigsten Entwicklungsplans, die Agenda 2030, zu stellen – und damit die Risiken mindern. Dank neuer Technologien und der sogenannten Datenrevolution lassen sich Daten, die politische Entscheidungsträger für fundierte Politikentscheidungen und eine evidenzbasierte Prioritätensetzung brauchen, leichter, schneller und kostengünstiger erheben. Einfach mehr Daten zu erheben, genügt jedoch nicht: Die Daten müssen aufbereitet, analysiert und verarbeitet werden, um für die Politikgestaltung, das Monitoring und die Rechenschaftslegung von Nutzen zu sein.

Die Datenrevolution bietet Regierungen und nationalen Statistikämtern eine willkommene Chance, mehr nützliche Daten zu erheben, indem neue Quellen zur Generierung von Daten genutzt werden, die die offiziellen Statistiken ergänzen und verbessern, jedoch nicht ersetzen können. In einigen Entwicklungsländern hat die Datenrevolution bereits Einzug gehalten – mit positiven Ergebnissen. In Äthiopien, Sri Lanka, Südafrika und Uganda wurden die Effizienz und die Genauigkeit von Volkszählungen und Datenerhebungen durch den Einsatz von Geräten für computergestützte persönliche Interviews, wie Tablets und andere mobile Geräte, verbessert. Geodaten erleichtern in nationalen Statistiksystemen das Monitoring der sozioökonomischen und ökologischen Gegebenheiten, ermöglichen eine geografische Aufschlüsselung und eine größere Dynamik der geolokalisierten Daten.

In diesem Bericht werden Möglichkeiten identifiziert, wie die Datenkluft überbrückt werden kann, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern. In den Entwicklungsländern bedarf es politischer Führungsstärke, um zu gewährleisten, dass Daten zu einem Entwicklungsmotor werden. Dies setzt voraus, dass das Konzept Daten für Entwicklung gefördert und zugleich sichergestellt wird, dass bei der Datenerhebung hohe Qualitätsstandards eingehalten werden, durch die der Datenschutz und die Vertraulichkeit der Daten gewährleistet werden. Im Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2017 werden sechs konkrete Maßnahmen empfohlen, um das Potenzial, das Daten für eine nachhaltige Entwicklung bieten, maximal auszuschöpfen.

Datenmaßnahme 1 Statistische Rechtsvorschriften, Regelungen und Standards an den sich verändernden Datenbedarf anpassen

Um inklusive Datenökosysteme aufzubauen, die für die globale Entwicklung und die einzelnen Bürger von Nutzen sind, bedarf es eines geeigneten institutionellen und gesetzlichen Rahmens. Die wachsende Zahl an der Datenproduktion und ‑nutzung beteiligter öffentlicher, privater und zivilgesellschaftlicher Akteure und Institutionen macht den Bedarf an klaren rechtlichen und ethischen Standards, Qualitätsnormen und Protokollen noch dringender. Mit diesen sollte die Nutzung traditioneller und neuer Datenquellen geregelt werden, um das nötige Vertrauen zu schaffen, damit diese Daten zu zweckmäßigen Politikmaßnahmen und guten Entwicklungsergebnissen beitragen.

Datenmaßnahme 2 Die Quantität und Qualität der Datenfinanzierung verbessern

Investitionen in Statistiksysteme müssen sowohl in den Entwicklungsländern als auch bei deren Entwicklungspartnern zu einer strategischen Priorität werden. Wenn die nationalen Statistiksysteme die wachsende Nachfrage nach mehr und besseren Daten decken sollen, müssen die Budgets aufgestockt werden. Indem Daten zu einer sektorübergreifenden Priorität der Entwicklungszusammenarbeit erklärt werden, können die Leistungserbringer diese allmählich als Teil der grundlegenden Infrastruktur zur Erfüllung der nationalen, regionalen und globalen Entwicklungsverpflichtungen begreifen.

Datenmaßnahme 3 Die statistischen Kapazitäten und die Datenkompetenz durch neue Ansätze erhöhen

Es müssen neue, umfassendere Ansätze zum Aufbau statistischer Kapazitäten entwickelt und getestet werden, die über den Kapazitätsaufbau zur Erhebung von Daten hinausgehen und die nationalen Statistikämter in die Lage versetzen, im Datenökosystem eine wandelbare, multifunktionale Rolle zu übernehmen und bessere institutionelle Rahmenbedingungen bzw. ein günstigeres Umfeld für Daten und Statistiken zu schaffen.

Datenmaßnahme 4 Die Effizienz und die Wirkung durch Datenpakte oder andere koordinierte, von den Partnerländern getragene Ansätze steigern

Die Entwicklungsländer sollten die Anreize zur Erhebung von Daten für die nationale Politikgestaltung einerseits und das globale Monitoring andererseits mit Hilfe inklusiver, auf gegenseitiger Rechenschaftspflicht beruhender Partnerschaften zwischen den Datenproduzenten und ‑nutzern besser aufeinander abstimmen. Datenpakte zur Koordinierung und Harmonisierung der Investitionen in Daten und der Förderung von Statistiksystemen sind ein vielversprechender Ansatz, der weiter getestet werden sollte, um sicherzustellen, dass er den Bedürfnissen aller betroffenen Akteure gerecht wird und die gegenseitige Rechenschaftspflicht in Bezug auf die Umsetzung gemeinsamer, ergebnisorientierter Aktionspläne fördert.

Datenmaßnahme 5 In von Partnerländern erhobene Ergebnisdaten investieren und diese nutzen, um die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu überwachen

Die internationalen Entwicklungsakteure dürfen nicht an einem „Business‑as‑usual“‑Ansatz festhalten. Statt Daten für die Deckung ihrer eigenen Berichts‑ und Rechenschaftserfordernisse zu erheben und zu nutzen, sollten sie die von den Partnerländern getragenen Strategien und Datenökosysteme fördern. Dies erfordert eine klare Vision und einen pragmatischen Umgang mit dem Druck, für jeden in die Entwicklungszusammenarbeit geflossenen Dollar Ergebnisse auszuweisen. Außerdem bedeutet dies, dass sichergestellt werden muss, dass die Ergebnisse unabhängiger Datenerhebungen allen Entwicklungsakteuren zugänglich und auf die statistischen Zielsetzungen der Regierungen der Entwicklungsländer abgestimmt sind.

Datenmaßnahme 6 Bessere Daten erheben und für ein besseres Gesamtverständnis der SDG‑Finanzierung nutzen

Auch die Daten zur Entwicklungsfinanzierung müssen verbessert werden. Das bedeutet, dass ein umfassendes Bild der Finanzierung gewonnen werden muss, indem die Verfügbarkeit und Transparenz hochwertiger Daten zur Entwicklungsfinanzierung erhöht und die jeweiligen Methoden und Standards verbessert werden, mit dem Ziel, Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, ihre nationalen Entwicklungsstrategien und ‑prioritäten zu planen und im Haushalt zu veranschlagen.

Quelle: OECD
Mittel der Entwicklungszusammenarbeit auf neuem Höchststand

Paris/Berlin, 11. April 2017 – Die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit haben 2016 laut vorläufigen Zahlen einen neuen Höchststand erreicht. Insgesamt stellten die Geberländer im OECD-Entwicklungsausschuss (DAC) 142,6 Mrd. US-Dollar zur Verfügung, ein Anstieg um 8,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Dieser Anstieg spiegelt teilweise die notwendige Versorgung von Flüchtlingen in den Geberländern wider. So stiegen die Ausgaben der DAC-Mitglieder in der Flüchtlingshilfe auf 15,4 Mrd. US-Dollar, gegenüber 12,1 Mrd. US-Dollar in 2015. Dies entspricht einem Anstieg von 9,2 auf 10,8 Prozent des Gesamtvolumens der Mittel.

Gleichzeitig nahmen aber auch die Beiträge der Geberländer zu internationalen Organisationen real um fast 10 Prozent und die humanitäre Hilfe um 8 Prozent zu. Auch ohne die zusätzlichen Aufwendungen für die Flüchtlingshilfe wären die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit im letzten Jahr noch real um 7,1 Prozent gestiegen.

In Deutschland stiegen die für Entwicklungszusammenarbeit aufgewendeten Mittel im Vergleich zu 2015 um 36,1 Prozent, was sowohl auf eine generelle Erhöhung des deutschen Beitrags als auch auf eine Verdopplung der Mittel zur Flüchtlingsversorgung in Deutschland zurückzuführen ist.

» Weitere OECD-Daten zum Thema: http://www.oecd.org/dac/financing-sustainable-development/

OECD Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2015

Partnerschaften in Aktionsbündnisse verwandeln

Zusammenfassung in Deutsch

Die von der internationalen Gemeinschaft in den letzten sechzig Jahren unternommenen Entwicklungsanstrengungen hatten messbare Wirkungen auf die Armutsbekämpfung, die Verbesserung der menschlichen Gesundheit und die Bewältigung anderer dringender Herausforderungen. Die Fortschritte werden jedoch nach wie vor durch fragmentierte Initiativen, widersprüchliche Prioritäten und unkoordinierte Vorgehensweisen gebremst.

Zugleich verschwimmen in unserer zunehmend vernetzten und globalisierten Welt die nationalen Grenzen; das Konzept der staatlichen Souveränität, das den traditionellen Formen der internationalen
Zusammenarbeit zu Grunde lag, wird immer stärker in Frage gestellt.

Koordinierte Maßnahmen sind dringender geboten als je zuvor. Unter der Federführung der Vereinten
Nationen wurden 17 ehrgeizige, universelle und weitreichende Ziele für nachhaltige Entwicklung formuliert, die bis 2030 verwirklicht werden sollen. Für die Erreichung dieser Ziele ist eine bessere und erweiterte internationale Zusammenarbeit innerhalb eines globalen Governance‑Systems, das durch zielführende Mechanismen wechselseitiger Rechenschaftspflicht gestützt wird, von entscheidender Bedeutung.

Partnerschaften sind starke Antriebskräfte für Entwicklung
Es herrscht zwar weitgehend Einvernehmen, dass Partnerschaften als Triebfeder kollektiven Handelns
zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung von entscheidender Bedeutung sind, der
Ausdruck „Partnerschaften“ umfasst jedoch verschiedene Vorgehensweisen, Strukturen und Zwecke,
wodurch es schwierig – wenn nicht sogar unmöglich – wird, allgemeine Aussagen darüber zu treffen.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung zwar universell sind und
für alle Länder gelten, zugleich jedoch auf der Achtung der Vielfalt basieren – u.a. im Hinblick auf die Rahmenbedingungen, Bedürfnisse, Fähigkeiten, Politiken und Prioritäten. Um effektiv zu sein, müssen
Partnerschaften, die diese globalen Ziele verfolgen, von den Prioritäten der einzelnen Länder getragen
werden.

In diesem Zusammenhang können drei Grundsätze dazu beitragen, das Potenzial von Post‑2015‑Partnerschaften voll auszuschöpfen:

• 1 ‑ Rechenschaftspflichtiges Handeln
Rechenschaftspflicht bedeutet, Verantwortung für sein Handeln oder Nichthandeln zu übernehmen, was im letzteren Fall zur Folge hat, mögliche Sanktionen für die Nichteinhaltung von Verpflichtungen zu akzeptieren. Die Rechenschaftspflicht von Regierungen wird zwar ein Kernelement der  Post‑2015‑Agenda bleiben, die heutigen Entwicklungspartnerschaften bringen jedoch mehrere Interessenträger zusammen: nationale Regierungen, Parlamente, die Zivilgesellschaft, Wohltätigkeitsorganisationen, multilaterale Organisationen, Unternehmen und viele andere – nicht zuletzt die von den Entwicklungsinitiativen betroffenen Gemeinden. Viele der heutigen Rechenschaftsrahmen greifen zwar auf gemeinsame Grundsätze der EZ‑Wirksamkeit zurück, basieren jedoch auf der Erkenntnis, dass verschiedene Interessenträger eine gemeinsame Entwicklungsagenda unterschiedlich angehen können. Diese Erkenntnis schafft Vertrauen und gegenseitigen Respekt, zwei Merkmale, die für Rechenschaftspflicht von entscheidender Bedeutung sind. Wie können wir also die Rechenschaftspflicht im Rahmen einer immer komplexer werdenden internationalen Zusammenarbeit umsetzen? Es sind neue Formen der gegenseitigen Rechenschaftslegung erforderlich, in Kombination mit messbaren Verpflichtungen und Standards, die kontinuierlich überprüft und aktualisiert werden, um ihre Relevanz und Anpassungsfähigkeit zu sichern und ein gemeinsames Engagement sowie die politische Dynamik aufrechtzuerhalten. Es ist außerdem von grundlegender Bedeutung, dafür Sorge zu tragen, dass alle Partner in den Governance‑Mechanismen vertreten sind und dass alle Stimmen Gehör finden.

• 2 ‑ Koordinierte und wirksame Maßnahmen
Angesichts der zunehmenden Vielfalt der an Entwicklungszusammenarbeit beteiligten Partner ist es wichtiger denn je, Doppelarbeit und Fragmentierung zu vermeiden – Probleme, die die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit lange beeinträchtigt haben. Ein effektives Vorgehen in der Zeit nach 2015 kann erheblich vereinfacht werden, wenn die Partnerschaften auf bestimmte Themen oder Sektoren ausgerichtet werden – beispielsweise Gesundheit, Bildung und nachhaltige Energie –, was jedoch nicht
bedeutet, dass mehr und größere Partnerschaften die beste Lösung darstellen; die Erfahrung zeigt,
dass Fortschritte dadurch manchmal eher behindert als gefördert werden. Gestraffte Partnerschaften – die bestehende Akteure und Strukturen integrieren – reduzieren fragmentierte oder sich überschneidende Maßnahmen und erleichtern die Berichterstattung und den Verwaltungsaufwand für die Entwicklungsländer, was sowohl die Umsetzung als auch die Wirkung verbessert. Außerdem können Partnerschaften – insbesondere zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor – dazu beitragen, dass Entwicklungslösungen eine möglichst breite Wirkung erzielen, so dass die Zahl der Begünstigten höher ist als bei isolierten Maßnahmen einzelner Regierungen, Unternehmen oder gemeinnütziger Organisationen. Und abschließend ist darauf hinzuweisen, dass entschlossene Führungsstärke Partnerschaften die Dynamik verleiht, die sie benötigen, um komplexe Entwicklungsherausforderungen zu bewältigen, auf Kurs zu bleiben und die personellen und finanziellen Mittel zu mobilisieren, die erforderlich sind, um die Aufgabe zu
erfüllen.

• 3 ‑ Erfahrungsbasiertes Handeln
Die Reform der globalen Entwicklungszusammenarbeit zur Bewältigung der heutigen Entwicklungsherausforderungen erfordert Veränderungen im Verhalten und in den Einstellungen. Dialog und Lernen aus Erfahrungen sind entscheidende Voraussetzungen, um diese Veränderungen herbeizuführen. Die in diesem Bericht aufgeführten elf Fallstudien beschreiben unterschiedliche Partnerschaftserfahrungen und ‑ansätze, sie haben jedoch mindestens eines gemeinsam: eine Fokussierung auf Lernen aus Erfahrungen, Wissensaustausch, Erkenntnisgewinn und die  Identifizierung guter Praktiken. Die Süd‑Süd‑Zusammenarbeit ist ein wichtiges Instrument für den  Wissensaustausch, das es den Ländern ermöglicht, die aus den Erfahrungen anderer gewonnenen Erkenntnisse direkt anzuwenden, um ihre eigenen Politiken und Programme zu bereichern.  Rechenschaftsmechanismen fördern das Lernen aus Erfahrungen, was die Qualität der Entwicklungszusammenarbeit verbessert und ihre Wirkung und Relevanz erhöht. Diese Mechanismen reichen von Peer Reviews, die den Schwerpunkt auf den Rahmen, das Management und die Umsetzung der Entwicklungszusammenarbeit legen, bis zu Monitoring‑, Berichts‑ und Evaluierungszyklen, die eine kontinuierliche Anpassung fördern.

Post‑2015‑Partnerschaften werden neue und sich verändernde Rollen mit sich bringen

Die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung wird die starke Einbindung vieler Akteure erfordern, darunter:
• der Privatsektor, der für Beschäftigungsschaffung, Technologieentwicklung und Investitionen
zuständig ist
• die Zivilgesellschaft, deren Aufgabe darin besteht, die EZ‑Partner zur Rechenschaft zu ziehen, Maßnahmen zur Erfüllung nationaler und globaler Verpflichtungen voranzutreiben und einen produktiven und rechenschaftspflichtigen Einsatz öffentlicher Mittel zu sichern.

Dadurch ändert sich die Rolle von Regierungen, die traditionell als die wichtigsten Erbringer von
Entwicklungsfinanzierung betrachtet wurden. Dadurch ändert sich die Rolle von Regierungen, die
traditionell als die wichtigsten Erbringer von Entwicklungsfinanzierung betrachtet wurden.

Politikrahmen für Post‑2015‑Partnerschaften

Der Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2015 untersucht, inwieweit Partnerschaften dazu
beitragen, bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung das notwendige Gleichgewicht
zwischen Souveränität und Subsidiarität, Inklusivität und Differenzierung sowie Kohärenz und
Spezialisierung zu sichern. Gestützt auf Erfahrungswerte werden zehn Erfolgsfaktoren aufgeführt, die
einen Umsetzungs‑ und Monitoringrahmen bieten, der Partnerschaften in effektive Aktionsbündnisse
verwandelt:

• 1. Führungsstärke auf höchster Ebene.
• 2. Partnerschaften, die von den Ländern selbst getragen werden und kontextspezifisch sind.
• 3. Vermeidung von Doppelarbeit und Fragmentierung.
• 4. Inklusive und transparente Governance.
• 5. Ausrichtung des Partnerschaftsmodells auf die jeweilige Herausforderung.
• 6. Vereinbarung von Grundsätzen, Zielen, Umsetzungsplänen und Durchsetzungsmechanismen.
• 7. Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten.
• 8. Klare Fokussierung auf Ergebnisse.
• 9. Messung und Monitoring von Fortschritten im Hinblick auf Ziele und Unterziele.
• 10. Mobilisierung der erforderlichen Finanzmittel und effektive Nutzung dieser Mittel.

Direktzugang zur Online-Ausgabe: www.oecd-ilibrary.org/development/development-co-operation-report-2015_dcr-2015-en Quelle: OECD Berlin.

Start der „Addis Tax Initiative“: Nachhaltige Entwicklung finanzieren – Eigenbeiträge stärken

Addis Abeba (BMZ) – Am Rande der UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba hat BMZ-Staatssekretär Dr. Friedrich Kitschelt als Vertreter Deutschlands heute gemeinsam mit den internationalen Partnern die „Addis Tax Initiative“ gestartet. Ziel ist, den Entwicklungsländern Unterstützung in der Entwicklung ihrer Steuer- und Zollsysteme anzubieten, damit diese ihre Steuerquoten langfristig erhöhen können. Denn: Steuereinnahmen sind der Schlüssel für nachhaltige und erfolgreiche Entwicklungsfinanzierung. Sie werden für die Finanzierung von Entwicklung ebenso benötigt wie private Investitionen und vor allem in ärmeren Ländern ODA.

Bereits bei der Eröffnung der Konferenz in Addis am Montag hatte Bundesminister Dr. Gerd Müller größere Eigenanstrengungen der Entwicklungs- und Schwellenländer gefordert: „Die weitere Verstärkung der ODA-Mittel ist wichtig und Deutschland geht hier mit gutem Beispiel voran. ODA-Mittel sind aber kein Ersatz für Eigenanstrengungen und Investitionen, sondern eine Ergänzung.“

Steuereinnahmen stellen eine stabile und wachsende Grundlage für Entwicklung dar und stärken die Beziehung der Bürger zu ihrem Staat: Steuerzahler wollen mitbestimmen. „Investitionen in Steuersysteme sind hoch wirksame Investitionen in die Zukunft. Wer Steuersysteme fördert, stärkt damit zugleich die Demokratie“, betont Staatssekretär
Dr. Friedrich Kitschelt.
Allerdings benötigen viele Entwicklungsländer Unterstützung bei der Entwicklung fairer und transparenter Steuersysteme.

Mit der Addis Tax Initiative wird die Zusammenarbeit im Bereich öffentliche Finanzen und Steuern deutlich verstärkt: Die beteiligten Geberländer wollen ihre technische Zusammenarbeit im diesem Bereich bis 2020 verdoppeln. Neben der Entwicklung ihrer eigenen Steuersysteme soll den Entwicklungsländern die Beteiligung an der internationalen Steueragenda ermöglicht werden, damit internationale Steuervermeidung und
-hinterziehung effektiv bekämpft werden kann. Bereits 32 Länder sind der Initiative beigetreten.

Deutschland ist einer der führenden Geber für die Stärkung der öffentlichen Finanzen in den Partnerländern. Als Basis dient das 2014 veröffentlichte BMZ-Konzept „Good Financial Governance“. Derzeit werden etwa 30 zwischenstaatliche Vorhaben z.B. in Ghana, Kenia, Ruanda oder El Salvador wie auch regionale Vorhaben wie zur Förderung der Steuerharmonisierung in der Ostafrikanischen Gemeinschaft unterstützt. Um diese Unterstützung zu koordinieren, hat Deutschland die Plattform „International Tax Compact“ gegründet. Sie soll den Dialog über gerechtere und effektivere Steuersysteme zwischen Geber- und Entwicklungsländern fördern.

Das vollständige Kommuniqué zur Addis Tax Initiative finden Sie hier (PDF, englisch) sowie eine mit den USA, Großbritannien und den Niederlanden abgestimmte Pressemitteilung (PDF, englisch) hier.

OECD-Bericht über Entwicklungszusammenarbeit 2014

Entwicklungszusammenarbeit Bericht 2014

Ressourcen für nachhaltige Entwicklung mobilisieren

Bis vor kurzem galten die Mittel der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) als wichtigste Quelle für die Entwicklungsfinanzierung. Es werden jedoch weit mehr Ressourcen notwendig sein, um einen umfassenderen Katalog von globalen Nachhaltigkeitszielen zu finanzieren. Zudem machen die ODA-Leistungen nur einen Teil der Leistungen aus, die im Dienst der Entwicklung stehen: Mit fast 135 Mrd. USD im Jahr 2012 stellten die ODA-Leistungen lediglich 28% der öffentlichen und privaten Gesamtleistungen der 29 Mitgliedsländer des OECD-Entwicklungsausschusses (DAC).

Die aktuelle Ausgabe des „Development Co-operation Report“ ist der zweite Teil einer Trilogie (2013 bis 2015), die sich vor allem der Frage widmet, wie Entwicklungshilfe in der nahen Zukunft, also ab 2015, aussehen kann. Dazu untersucht der Bericht, welche Finanzquellen Entwicklungsländer haben und macht Vorschläge, um den Klimawandel zu bekämpfen, Frieden und Sicherheit zu fördern und fairen und gleichberechtigten Handel zu schaffen.

Die Laufzeit der Millenniumsentwicklungsziele endet im Jahr 2015, obgleich viele Herausforderungen im Bereich Entwicklung weiterhin bestehen und neue hinzukommen. Die derzeit von der internationalen Staatengemeinschaft unter der Federführung der Generalversammlung der Vereinten Nationen diskutierten Ziele für die Zeit nach 2015 werden soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange in einem einheitlichen Katalog von Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) einbeziehen.

Dieser Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit (der zweite einer Trilogie, die den Zielen für die Zeit nach 2015 gewidmet ist) geht der Frage nach, was getan werden kann, um die Ressourcen zu mobilisieren, die zur Finanzierung der Erreichung dieser Ziele erforderlich sind?

Wie kann nachhaltige Entwicklung finanziert werden?

Bis vor kurzem galten die Mittel der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) als wichtigste Quelle für die Entwicklungsfinanzierung (Kapitel 1). Es werden jedoch weit mehr Ressourcen notwendig sein, um einen umfassenderen Katalog von globalen Nachhaltigkeitszielen zu finanzieren. Zudem machen die ODA-Leistungen nur einen Teil der Leistungen aus, die im Dienst der Entwicklung stehen: Mit fast 135 Mrd. US-$ im Jahr 2012 stellten die ODA-Leistungen lediglich 28% der öffentlichen und privaten Gesamtleistungen der 29 Mitgliedsländer des OECD-Entwicklungsausschusses (DAC). Insgesamt erhielten die Entwicklungsländer im Jahr 2012 474 Mrd. US-$ von den DAC-Mitgliedern, wozu ODA-Mittel wie auch „sonstige öffentliche Leistungen“ zählten, darunter von öffentlichen Stellen bereitgestellte Finanzmittel zu marktnahen Bedingungen und/oder mit kommerziellem Zweck (Kapitel 4), private Leistungen zu Marktbedingungen wie ausländische Direktinvestitionen (Kapitel 5) und private Zuschüsse von philanthropischen Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen (NRO) (Kapitel 8 und 9). Dies spiegelt die wachsende Vielfalt der Finanzierungsoptionen wider, die den Entwicklungsländern zur Verfügung stehen – wobei es sich um zunehmend innovative Optionen handelt, die ein großes Potenzial für die Mobilisierung von noch mehr Finanzmitteln besitzen (Kapitel 6,11 und 15).

Der in diesem Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit enthaltene Ideenreichtum zeugt von einer neuen Ära der Möglichkeiten in der Entwicklungsfinanzierung. Die Entwicklungsländer unterstützen sich gegenseitig durch die Süd-Süd-Zusammenarbeit (Kapitel 3). Stiftungen, direkte Beiträge (Kapitel 8) und soziale Unternehmen (Kapitel 16) bieten neue Optionen, und Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten bergen ein enormes Potenzial in sich. Allerdings stützen sich nicht alle dieser Finanzierungsarten auf dieselben Grundsätze wie die ODA – und auch nicht alle haben nachhaltige Entwicklung zum Ziel.

All dies erfordert eine kritische Überprüfung der Rolle der ODA im Vergleich zu anderen Ressourcen.

Neben den finanziellen Aspekten gibt es auch andere Gründe, die Rolle der Entwicklungszusammenarbeit im Kontext der Anstrengungen zur Erreichung einer nachhaltigen globalen Entwicklung zu prüfen:

  • Bei nachhaltiger Entwicklung geht es nicht mehr darum, dass der „Norden“ dem „Süden“ Entwicklungsleistungen gewährt, sondern um die Frage, ob Chancen, Verantwortung und Optionen ausgewogen verteilt sind.
  • Immer mehr Entwicklungsländer bringen ihre eigene Entwicklung voran und erbringen selbst Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit (Kapitel 2).
  • Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung sind immer stärker von Fortschritten bei der Lösung von „Problemen ohne Reisepass“ abhängig, die wie Krieg und Konflikte (Kapitel 19), Umwelt- und Klimafragen (Kapitel 18), ein unsicheres Finanzierungsumfeld, unfaire Handelsbedingungen (Kapitel 21) und Infektionskrankheiten Staatsgrenzen überschreiten. Es handelt sich dabei um Probleme, für deren Bewältigung die traditionellen Entwicklungskonzepte nicht vorgesehen sind (Kapitel 17).

Die Bewältigung dieser globalen Herausforderungen erfordert einen Beitrag aller Akteure – von denen jeder einzelne Verantwortung für individuelles und gemeinsames Handeln übernehmen muss.

ODA spielt nach wie vor eine Rolle

Im Kontext der zunehmenden Möglichkeiten und wachsenden Herausforderungen ist die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) nach wie vor unerlässlich für eine nachhaltige Entwicklung, insbesondere wenn sie strategisch und zielgenau eingesetzt wird, wie die folgenden Beispiele zeigen:

  • ODA kann entscheidende Finanzmittel und Unterstützung für die fragilen und am wenigsten entwickelten Länder bereitstellen, für die es schwierig ist, andere Ressourcen anzuziehen oder zu mobilisieren (Kapitel 19).
  • ODA kann eingesetzt werden, um Investitionen in risikoreichen Situationen attraktiv zu machen, indem die Risiken gestreut und geteilt sowie Anreize geschaffen werden (Kapitel 11, 12 und 15).
  • ODA kann den Ländern durch Kapazitätsaufbau und Austausch über empfehlenswerte Praktiken dabei helfen, ihre eigenen inländischen Ressourcen zu mobilisieren und zu verwalten (Kapitel 7 und 14).
  • ODA kann durch Politikreformen in Bereichen wie Investitionstätigkeit und Handel eine positive Entwicklung fördern und ein günstiges Investitionsumfeld schaffen (Kapitel 12 und 21).

Die Entwicklung wird zunehmend von innen gestützt werden

Die Entwicklungsländer nutzen zunehmend ihr eigenes Potenzial, um ihre Entwicklung voranzubringen und sich von der ODA-Abhängigkeit zu befreien, indem sie z.B.:

  • die Kapazität ihrer Steuersysteme entwickeln. In absoluten Zahlen stellen die Steuereinnahmen die ODA-Leistungen weit in den Schatten: In Afrika war das Gesamtsteueraufkommen 2012 zehnmal höher als das diesem Kontinent zur Verfügung gestellte ODA-Volumen (Kapitel 1, 7 und 14);
  • kreative Möglichkeiten finden, um sich die steigenden Rücküberweisungen von im Ausland tätigen Arbeitsmigranten zunutze zu machen. Rücküberweisungen stellen in vielen Entwicklungsländern die größte Quelle der aus dem Ausland erhaltenen Mittel dar, sie beliefen sich 2012 auf 351 Mrd. US-$ und übertrafen damit sowohl die ODA-Leistungen als auch die ausländischen Direktinvestitionen (Kapitel 10);
  • Politikmaßnahmen konzipieren und ein Umfeld schaffen, das erforderlich ist, um Investitionen von Unternehmen aus anderen Ländern, einschließlich anderen Entwicklungsländern, anzuziehen (Kapitel 12);
  • Korruption bekämpfen und finanziellen Einbußen infolge illegaler Finanzströme entgegenwirken (Kapitel 13).

Weitere Schritte

Die Welt ist imstande, nachhaltige Entwicklung zu finanzieren, denn die notwendigen Ressourcen sind vorhanden. Für die internationale Gemeinschaft besteht die Herausforderung darin, eine Bestandsaufnahme der verfügbaren Finanzierungsoptionen vorzunehmen und sie zu nutzen, zu koordinieren und ihre Nutzung aufmerksam zu beobachten, um die Ziele für die Zeit nach 2015 zu erreichen. Zu den in diesem Bericht aufgezeigten wesentlichen Aktionen gehören:

  • Ausrichtung der ODA ist auf die Länder, in denen sie am meisten gebraucht wird – die am wenigsten entwickelten Länder und fragilen Staaten –, und ihr Einsatz auf eine Art und Weise, dass andere Ressourcen mobilisiert werden.
  • Überarbeitung des ODA-Konzepts, um zu gewährleisten, dass es zum gegenwärtigen Finanzierungsumfeld passt.
  • Innovative Nutzung aller Finanzierungsquellen mit Potenzial zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele für die Zeit nach 2015.
  • Verbesserung der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Stärkung unter allen Gebern im Rahmen der Anstrengungen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele für die Zeit nach 2015.
  • Unterstützung von Politikreformen auf lokaler und globaler Ebene in den Bereichen Steuern, Finanzierung, Investitionstätigkeit und Handel, wobei die Kohärenz zwischen inländischen und internationalen Politikmaßnahmen sichergestellt sein muss.
  • Verschärfung der Gesetzgebung und Intensivierung der erforderlichen Zusammenarbeit, um illegale, internationale Finanzströme zu bekämpfen.
  • Mutiges und innovatives politisches Handeln bei der Finanzierung globaler Güter, wie ein stabiles Klima oder Frieden und Sicherheit. Es muss daher mit der Entwicklung der erforderlichen Strukturen und Mechanismen begonnen werden, um die Erbringung dieser Güter zu ermöglichen.

Weitere Informationen und Bezugsquellen finden Sie unter www.oecd-ilibrary.org/development/development-co-operation-report-2014_dcr-2014-en Quelle: OECD.

Bericht über die menschliche Entwicklung 2014 fordert soziale Grundversorgung: 2,2 Milliarden Menschen arm oder armutsgefährdet

2,2 Milliarden Menschen sind arm oder nahezu arm, warnt der Bericht über die menschliche Entwicklung 2014 zum Thema Anfälligkeit und Widerstandskraft Ruf nach der Bereitstellung einer universellen sozialen Grundversorgung und wirksameren Konzepten für soziale Sicherung und Vollbeschäftigung, um Entwicklungsfortschritte zu fördern und zu sichern.

Anhaltende Vulnerabilität bedroht die menschliche Entwicklung. Wenn ihr nicht mit Handlungskonzepten und sozialen Normen systematisch entgegengewirkt wird, wird der Fortschritt weder ausgewogen noch nachhaltig sein. Dies ist die Kernaussage des Berichts über die menschliche Entwicklung 2014, der gestern in Tokyo vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) vorgestellt wurde.

Der Bericht mit dem Titel „Den menschlichen Fortschritt dauerhaft sichern: Anfälligkeit verringern, Widerstandskraft stärken“ bietet eine neue Perspektive auf das Problem der Vulnerabilität und schlägt Wege zur Stärkung der Widerstandskraft vor.

Einkommensbasierten Messungen von Armut zufolge müssen 1,2 Milliarden Menschen ihren Lebensunterhalt mit 1,25 US-Dollar oder weniger pro Tag bestreiten. Die jüngsten Schätzungen des Indexes der mehrdimensionalen Armut von UNDP besagen jedoch, dass fast 1,5 Milliarden Menschen in 91 Entwicklungsländern von überlappenden Formen von Mangelerscheinungen in Bezug auf Gesundheit, Bildung und Lebensstandard betroffen sind. Wenngleich die Armut überall zurückgeht, laufen fast 800 Millionen Menschen Gefahr, bei Rückschlägen in die Armut zurückzufallen. „Durch die Verringerung von Anfälligkeiten können alle Menschen am Entwicklungsfortschritt teilhaben, und die menschliche Entwicklung wird zunehmend ausgewogener und nachhaltiger werden“, erklärte Helen Clark, die Administratorin des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen.

Der Bericht über die menschliche Entwicklung 2014 erscheint in einer wichtigen Phase, in der sich die Aufmerksamkeit auf die Gestaltung einer neuen Entwicklungsagenda nach dem Ablauf der Frist für die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele im Jahr 2015 richtet.
Fortschrittshindernisse beseitigen

Weil sich Krisen immer weiter und rascher ausbreiten, ist es dem Bericht zufolge von entscheidender Bedeutung, Vulnerabilität zu verstehen, um Zugewinne zu sichern und Fortschritte aufrechtzuerhalten.

Er verweist auf langsamere Zuwächse bei der menschlichen Entwicklung in allen Regionen, gemessen anhand des Indexes der menschlichen Entwicklung (HDI). Er warnt, dass Bedrohungen wie Finanzkrisen, Schwankungen der Nahrungsmittelpreise, Naturkatastrophen und gewaltsame Konflikte den Fortschritt signifikant behindern.

„Ein zentrales Ziel der Post-2015-Entwicklungsagenda muss sein, nicht nur die Armut an sich, sondern auch die Anfälligkeit der Menschen für das Abgleiten in Armut zu verringern“, heißt es in dem Bericht. „Beseitigung der extremen Armut bedeutet nicht nur, sie abzuschaffen; es muss auch sichergestellt werden, dass dies so bleibt.“

Aus der Perspektive der menschlichen Entwicklung fragen, wer anfällig ist und warum

„[Die] Verringerung [von Vulnerabilität] ist ein wichtiger Bestandteil einer jeden Agenda zur Verbesserung menschlicher Entwicklung“, schreibt Nobelpreisträger Joseph Stiglitz in einem Beitrag für den Bericht. „[Wir müssen] dafür einen breit angelegten systemischen Ansatz wählen.“
Der Bericht des Jahres 2014 verfolgt einen solchen Ansatz, indem er Vulnerabilität aus dem Blickwinkel der menschlichen Entwicklung als überlappendes und einander verstärkendes Bündel von Risiken neu auslotet.

Er untersucht strukturelle Anfälligkeiten, das heißt solche, die infolge von Diskriminierung und institutioneller Defizite seit Langem bestehen, sich verschärft haben und Gruppen wie den Armen, Frauen, Migranten, Personen mit Behinderungen, Angehörigen indigener Gruppen und älteren Menschen schaden. Beispielsweise haben 80 Prozent der älteren Menschen auf der Welt keine soziale Sicherung, wobei sehr viele Ältere zusätzlich arm und behindert sind.
Der Bericht führt auch das Konzept der Verwundbarkeiten im Laufe des Lebens ein – also die besonders neuralgischen Phasen im Leben, in denen Schocks größere negative Auswirkungen haben können. Dazu zählen die ersten 1.000 Lebenstage und die Übergänge von der Schule in den Beruf sowie vom Beruf in den Ruhestand.

„Die Befähigungen, die der Mensch im Verlauf seines Lebens erwirbt, müssen gehegt und gepflegt werden, sonst können sie stagnieren oder sogar abnehmen“, heißt es warnend. „Sie werden beeinflusst durch Investitionen, die in früheren Lebensphasen vorgenommen wurden. Auch die Belastung durch kurzfristige Schockereignisse kann langfristige Folgen nach sich ziehen.“
Beispielsweise wurde in einer in dem Bericht zitierten Studie gezeigt, dass arme Kinder in Ecuador bereits im Alter von sechs Jahren Nachteile hinsichtlich ihres Wortschatzes haben.
Frühzeitige Maßnahmen – wie Investitionen in die frühkindliche Entwicklung – sind deshalb dem Bericht zufolge besonders wichtig.

Für arme Länder ist eine universelle soziale Grundversorgung erschwinglich

Der Bericht plädiert für die universelle Bereitstellung einer sozialen Grundversorgung zur Stärkung der Widerstandskraft und widerspricht der Vorstellung, dass dies nur für reiche Länder erschwinglich ist. Er präsentiert eine vergleichende Analyse von Ländern mit unterschiedlichen Einkommensniveaus und Regierungssystemen, die mit der Umsetzung einer solchen Politik entweder begonnen oder sie bereits vollständig abgeschlossen haben.

Zu diesen Ländern zählen nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ wie Dänemark, Norwegen und Schweden, sondern auch rasch wachsende Volkswirtschaften wie die Republik Korea und Entwicklungsländer wie Costa Rica.

„All diese Länder begannen, Maßnahmen zur Sozialversicherung zu ergreifen, als ihr BIP pro Kopf niedriger war als derzeit in Indien und Pakistan“, so der Bericht.

„Es könnte jedoch Fälle geben, in denen das Gebot der Chancengleichheit eine Ungleichbehandlung notwendig macht“, erläutert Khalid Malik, Direktor des Büros für den Bericht über die menschliche Entwicklung von UNDP. „Vielleicht müssen für die Armen, die Ausgeschlossenen und die Marginalisierten mehr Ressourcen und Dienste bereitgestellt werden, wenn die Verwirklichungschancen und Lebensentscheidungen aller Menschen verbessert werden sollen.“

Vollbeschäftigung wieder ganz oben auf die globale Politikagenda setzen

Der Bericht fordert die Regierungen auf, sich wieder das Ziel der Vollbeschäftigung zu eigen zu machen, ein Kernelement der makroökonomischen Politik der 1950er und 1960er Jahre, das nach den Ölpreisschocks von konkurrierenden Politikzielen abgelöst wurde.

Er argumentiert, dass Vollbeschäftigung mit sozialem Nutzen wie der Förderung von sozialer Stabilität und gesellschaftlichem Zusammenhalt einhergeht, der private Vorteile übertrifft.
In Anerkennung der Schwierigkeiten, vor denen Entwicklungsländer bei der Verwirklichung von Vollbeschäftigung stehen, drängt er zur Fokussierung auf einen Strukturwandel, „durch den die meisten Beschäftigten allmählich in den formellen Sektor einbezogen werden“, einschließlich eines Übergangs von der Landwirtschaft zu Industrie und Dienstleistungen mit unterstützenden Investitionen in Infrastruktur und Bildung.

Soziale Sicherung lässt sich in frühen Entwicklungsphasen verwirklichen

Die Mehrheit der Weltbevölkerung hat keine soziale Sicherung wie Renten und Arbeitslosenversicherung. Dem Bericht zufolge können solche Maßnahmen von Ländern auf allen Entwicklungsstufen verwirklicht werden.

„Die Bereitstellung von sozialer Grundsicherung für die Armen weltweit würde schätzungsweise weniger als zwei Prozent des globalen BIP kosten“, wird bekräftigt. Es werden Kostenschätzungen für die Bereitstellung einer sozialen Grundsicherung für 12 afrikanische und asiatische Länder mit niedrigem Einkommen angestellt – einschließlich allgemeiner Alters- und Invalidengrundrenten, Kindergeld, eines allgemeinen Zugangs zu unentbehrlicher Gesundheitsversorgung, Sozialhilfe und eines Arbeitsbeschaffungsprogramms für 100 Tage –, die von etwa 10 Prozent des BIP in Burkina Faso bis zu weniger als 4 Prozent des BIP in Indien reichen.

„Grundlegende soziale Sicherung ist bezahlbar, wenn Länder mit niedrigem Einkommen Mittel umwidmen und bei gleichzeitiger Unterstützung durch die internationale Gebergemeinschaft eigene Finanzmittel aufbringen“, wird erläutert.

Es bedarf kollektiver Anstrengung und koordinierten Handelns auf der globalen Ebene
In dem Bericht werden zudem nachdrücklicheres kollektives Handeln sowie eine bessere globale Koordinierung und mehr Engagement zur Stärkung der Widerstandskraft als Reaktion auf Anfälligkeiten gefordert, die zunehmend globaler Natur sind, was ihren Ursprung und ihre negativen Auswirkungen betrifft.

Die Bedrohungen reichen von Finanzkrisen bis zu Klimaänderungen und von Konflikten bis zu Flüchtlingsströmen. Sie sind ihrem Wesen nach oftmals transnational, wirken sich aber auf der lokalen und nationalen Ebene aus und überlappen einander häufig. Ein Beispiel ist der Niger, der nach aufeinanderfolgenden Dürren von schwerwiegenden Nahrungsmittel- und Ernährungskrisen betroffen war. Mitten in einer Nahrungsmittelkrise, die auch andere Länder in der Region in Mitleidenschaft zog, musste das Land die zusätzliche Herausforderung der Aufnahme von Tausenden von Menschen bewältigen, die vor dem Konflikt im benachbarten Mali geflohen waren.

Transnationale Bedrohungen können nicht von unabhängig handelnden einzelnen Nationen gelöst werden. Laut dem Bericht erfordern sie eine neue Form des Engagements der internationalen Gemeinschaft, das über kurzfristige Reaktionen wie humanitäre Hilfe hinausgeht.

Um die Unterstützung für nationale Programme zu mehren und Ländern politischen Handlungsspielraum zur Anpassung des universalistischen Prinzips an die speziellen Bedingungen vor Ort zu verschaffen, wird in dem Bericht „ein internationaler Konsens über universelle soziale Sicherung“ als Teil der Post-2015-Agenda gefordert.

Über diesen Bericht

Der Bericht über die menschliche Entwicklung ist eine unabhängige Veröffentlichung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Der Bericht über die menschliche Entwicklung 2014 und zusätzliche Hintergrundmaterialien zu den darin präsentierten Indizes und konkreten regionalen Konsequenzen können von der Website http://hdr.undp.org kostenlos heruntergeladen werden.

Bericht über die menschliche Entwicklung 2014
„Den menschlichen Fortschritt dauerhaft sichern: Anfälligkeit verringern, Widerstandskraft stärken“

Deutsch: http://www.dgvn.de/…/HDR_2014 Deutschsprachiges Material zum Bericht auch auf www.dgvn.de.

English: Human Development Report 2014 | Weitere Sprachen

Deutsche Stiftungen: Mitten im Fluss und gegen den Strom

Unter dem Motto „Deutsche Stiftungen: Mitten im Fluss und gegen den Strom“ traf sich die deutsche Stiftungsszene vom 21. bis 23. Mai in Hamburg. Zur Eröffnung des Deutschen Stiftungs Tags 2014 http://www.stiftungen.org/stiftungstag unterstrich Bundespräsident Joachim Gauck die Bedeutung der deutschen Stiftungen für die Gesellschaft: „Das Stiftungswesen ist aus der Wirklichkeit unseres Landes einfach nicht mehr wegzudenken: nicht aus der sozialen und kulturellen Wirklichkeit, nicht aus der Bildung und nicht aus dem Sport. Dort und in vielen anderen Bereichen bringen Stiftungen Menschen und Dinge in Bewegung.“

Gauck hob in seiner Eröffnungsrede hervor: „Stiftungen dürfen nicht einfach als Lückenbüßer gesehen werden, wenn staatliche Einrichtungen ihre Aufgaben nicht mehr oder nicht mehr ausreichend erfüllen.“ Weiter hieß es: „Wer Aufwand und Nutzen, Absender und Zielgruppen, Erfolge und Misserfolge konsequent analysiert und berücksichtigt, der hat beste Aussichten, seine Stiftungsziele nah an der Lebenswirklichkeit auszurichten und voranzubringen.“

Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, begrüßte die Gäste in der Hansestadt und würdigte in seiner Rede das Engagement von Stiftungen in Hamburg: „Hamburg ist froh, mit 1.310 rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts ganz hervorragend ausgestattet zu sein.“ Angesichts schrumpfender Staatshaushalte und der Schuldenbremse mahnte auch er: „Es geht nicht darum, dass Stiftungen nur staatliche Aufgaben übernehmen. Es geht darum, das Zusammenspiel zwischen Staat und Stiftungen neu zu definieren. Eigentlich brauchen wir heute ein neues, anderes gemeinsames Verständnis von der Kooperation zwischen Stiftungen und Staat. Jede Spende ist willkommen. Aber die staatlichen Ebenen müssen zukünftig die Folgekosten einer Anschlussfinanzierung im Blick haben.

Prof. Dr. Michael Göring übernahm den Vorsitz des Vorstands im Bundesverband Deutscher Stiftungen. Die Mitglieder des Verbandes wählten den Stiftungsmanager und Autor auf dem Deutschen StiftungsTag in Hamburg zum Vorsitzenden ihres Vorstands. Zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden des Gremiums wurde der Stiftungsgeschäftsführer Prof. Dr. Joachim Rogall gewählt.

Michael Göring ist einer der maßgeblich den Sektor prägenden Stiftungsexperten Deutschlands und hat bereits in verschiedenen Stiftungen gewirkt: Vor seiner Tätigkeit bei der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius als geschäftsführendes Vorstandsmitglied (seit 1997) und als Vorstandsvorsitzender (seit 2005) war er Leiter der Förderabteilung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und bei der Studienstiftung des deutschen Volkes. Die Arbeit des Verbandes begleitet er als Gremienmitglied seit 1998.

Joachim Rogall, der als Führungskraft insbesondere die internationale Kooperation von Stiftungen erheblich vorangebracht hat, ist seit 2013 Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung; im selben Jahr wurde er erstmals in den Beirat des Bundesverbandes kooptiert. Der habilitierte Historiker Rogall arbeitet seit 1996 in der Robert Bosch Stiftung, zuletzt als Bereichsdirektor Völkerverständigung Mitteleuropa, Südosteuropa, GUS und China. Er ist zudem außerplanmäßiger Professor am Seminar für Osteuropäische Geschichte der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Im Rahmen des Deutschen StiftungsTags 2014 wurde das neue Qualitätssiegel für gute Treuhandstiftungsverwaltung http://www.stiftungstreuhaender.org vorgestellt. Es soll mehr Schutz für Treuhandstiftungen bieten und den Sektor transparenter machen. Das bundesweit einzige Siegel seiner Art bietet mehr Schutz für Treuhandstiftungen. Das Siegel soll erstmals am 1. Oktober 2014, dem bundesweiten Tag der Stiftungen, verliehen werden. Bewerben können sich ab jetzt Treuhänder, die juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sind und mindestens drei Treuhandstiftungen verwalten. Die Zahl der nicht-rechtsfähigen Stiftungen wird bundesweit auf mindestens 20.000 geschätzt.

Als unabhängiger Dachverband vertritt der Bundesverband Deutscher Stiftungen www.stiftungen.org die Interessen der Stiftungen in Deutschland. Der größte Stiftungsverband in Europa hat rund 3.900 Mitglieder; über Stiftungsverwaltungen sind ihm insgesamt mehr als 7.000 Stiftungen mitgliedschaftlich verbunden. Damit repräsentiert der Dachverband rund drei Viertel des deutschen Stiftungsvermögens in Höhe von mehr als 100 Milliarden Euro.