Guayangareo
Landwirtschaft digital – gemeinsam in Genossenschaften

In den vergangenen 50 Jahren hat sich die globale Nahrungsmittelproduktion verdreifacht. Dennoch leiden noch immer mehr als 821 Millionen Menschen an Hunger und über 2,5 Milliarden sind mangelernährt. Die Weltbevölkerung steigt weiter und benötigt immer mehr Ressourcen wie Wasser, Land und Energie. Lösungen müssen also her, die es der Landwirtschaft ermöglichen, ihre Erträge zu steigern und zugleich ressourcen- und umweltschonender zu wirtschaften.

Die Digitalisierung bietet hier großes Potenzial. Doch wie kann erreicht werden, dass alle Landwirte Zugang zu diesen Technologien erhalten und sie nutzen können? Und wie können dabei Datensicherheit und Datenhoheit gewährleistet werden? Dies waren zwei der zentralen Fragen, die auf dem 11. Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) diskutiert wurden. Über 2.000 Vertreter aus Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft nutzten die 14 Fachpodien und zwei High Level Panels zum Erfahrungsaustausch.

Fachpodium der Genossenschaften im Rahmen des GFFA

„Genossenschaften sind in der Lage, neueste Techniken wie die Digitalisierung aufzugreifen und für ihre Mitglieder nutzbar zu machen. Das gelingt umso besser, je mehr die Mitglieder hinter ihrem Unternehmen stehen“, erläuterte Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), im Rahmen des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) in Berlin. Das GFFA 2019 steht unter dem Motto „Landwirtschaft digital – intelligente Lösungen für die Landwirtschaft der Zukunft“. Im Rahmen des Fachpanels „Landwirtschaft digital – gemeinsam in Genossenschaften“ zeigte der DRV zusammen mit dem DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband anhand praktischer Beispiele die Anpassungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des genossenschaftlichen Geschäftsmodells auf.

DRV-Präsident Holzenkamp erinnerte an die über hundertjährige Erfolgsgeschichte der Genossenschafts-Organisation in Deutschland: „Die genossenschaftliche Idee ist einfach und genial zugleich. Genossenschaften liefern Lösungen für Herausforderungen unserer Zeit und können auch in Schwellen- und Entwicklungsländern Motor für die wirtschaftliche Entwicklung sein.“ Zur raschen Digitalisierung der Land- und Ernährungswirtschaft rät Holzenkamp zur Kooperation anstatt darauf zu warten, dass internationale Großkonzerne das Feld unter sich aufteilen.

Christian Seelmann, Bereichsleiter der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG, erläuterte die Gründung einer Genossenschaft, die den Landwirten im Rheinland ein Korrektursignal für die exakte Navigation zur Verfügung stellt. Die exakte Positionsbestimmung ist Grundvoraussetzung für die Digitalisierung des Ackerbaus. Gemeinsam konnten die Mitglieder der Genossenschaft die notwendigen Investitionen stemmen, was einer alleine nicht geschafft hätte.

Jörg Migende, Leiter Digitalisierung und Vertrieb Agrar der BayWa AG, machte deutlich, dass viele Landwirte sich nicht selbst mit Bits und Bytes beschäftigen wollen, vielmehr brauchen sie verlässliche Partner, die sie nicht nur hinsichtlich Kosten/Nutzen fair beraten, sondern auch sicherstellen, dass die digitalen Werkzeuge im Praxiseinsatz reibungslos funktionieren. Dies ist die klassische Aufgabe von Genossenschaften.

Holger Laue, Geschäftsführer der Raiffeisen Centralheide eG, präsentierte eine eben eingeführte Lern-App für Auszubildende. Damit wird auf zeitgemäße Weise Wissen vermittelt. Die Kosten für die Erstellung und Pflege der App konnten im genossenschaftlichen Verbund auf mehrere Schultern verteilt werden.

Olga Alcaraz Andrade, Geschäftsführerin der Erzeugerorganisation „Vereinte Landwirte Guayangareo“ in der mexikanischen Provinz Michoacán, berichtete über den wichtigen Beitrag von Genossenschaften in einem Schwellenland. Gerade dort bieten Genossenschaften nachhaltige Lösungen und eröffnen Kleinbauern den Zugang zu Errungenschaften des technischen Fortschritts. Internationale Kooperation ist dafür unerlässlich.

Über den DGRV

Der DGRV ist Spitzenverband und Prüfungsverband der genossenschaftlichen Gruppe, die mit 20 Mio. Mitgliedern in 5.500 Genossenschaften die bei weitem mitgliederstärkste Wirtschaftsorganisation in Deutschland ist. Diese Mitteilung steht auf www.dgrv.de zur Verfügung.

Quelle: DGV, lifePR, OTS

Foto: Olga Alcaraz Andrade Directora General Organización Agricultores Unidos Guayangareo, Michoacán, Mexiko. (c) Karsten Weitzenegger

ILO Bericht 2018
ILO sieht 24 Millionen neue Arbeitsplätze in der Green Economy

Während die Welt sich in Richtung grüne Wirtschaft bewegt, werden Arbeitsplätze verloren gehen, aber auch neue geschaffen werden, so der neue WESO-Report der ILO zur Green Economy.

Genf (ILO News) –  24 Millionen neue Arbeitsplätze können bis 2030 weltweit geschaffen werden, wenn man die richtigen Maßnahmen zur Förderung einer ökologischen  Wirtschaft ergreift, so die zentrale Schlußfolgerung aus dem  aktuellen WESO-Report der ILO.

Der ILO-Bericht „World Employment and Social Outlook 2018: Greening with Jobs “ geht davon aus, dass die Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius gleichzeitig ausreichend Arbeitsplätze schaffen werden, um den Abbau von sechs Millionen Stellen an anderer Stelle mehr als zu kompensieren.

Neue Arbeitsplätze werden geschaffen, indem nachhaltige Praktiken im Energiesektor eingeführt werden, einschließlich der Veränderungen im Energiemix, der Förderung des Einsatzes von Elektrofahrzeugen und der Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden.

Ökosystemdienstleistungen – einschließlich Luft- und Wasserreinigung, Bodenerneuerung und -düngung, Schädlingsbekämpfung, Bestäubung und Schutz gegen extreme Wetterbedingungen – stützen unter anderem die Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft und den Tourismus, die zusammen 1,2 Milliarden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen.

Der zu erwartende Temperaturanstieg ruft Hitzestress, insbesondere in der Landwirtschaft hervor. Dies kann zu medizinischen Problemen führen, bis hin zu Erschöpfung und Schlaganfällen. Laut ILO-Berechnungen  kann das Krankheiten verursachen, die weltweiten mit einem Verlust von zwei Prozent der geleisteten Arbeitsstunden bis 2030 verbunden sind.

„Die Ergebnisse unserer Analysen zeigen, dass Arbeitsplätze stark von einer gesunden Umwelt und den damit verbundenen Dienstleistungen abhängig sind. Green Economy kann Millionen von Menschen dazu verhelfen, Armut zu überwinden und bessere Lebensgrundlagen für die jetzige und künftige Generationen zu schaffen. Dies ist eine sehr positive Perspektive und eröffnet Chancen  in einer komplexer werdenden Welt“, so Deborah Greenfield, stellvertretende ILO-Generaldirektorin der ILO.

Auf regionaler Ebene werden in Nord- und Südamerika geschätzt drei Millionen, im Raum Asien und Pazifik 14 Millionen und in Europa und Vorderasien zwei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, die auf Maßnahmen zur Erzeugung und Nutzung von Energie zurückzuführen sind.

Im Gegensatz hierzu könnte es im Nahen Osten (-0,48 Prozent) und in Afrika (-0,04 Prozent) zu Arbeitplatzverlusten kommen, wenn sich die aktuellen Entwicklungen aufgrund der Abhängigkeit dieser Regionen von fossilen Brennstoffen und vom Bergbau fortsetzen.

Die Regionen und Länder sind gefordert, umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um die Arbeitskräfte für den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft auszubilden. Zudem muss ihnen sozialer Schutz geboten werden, der den Übergang zu neuen Arbeitsplätzen erleichtert, zur Armutsprävention beiträgt und Haushalte und Gemeinden stabilisiert.

Politische Veränderungen in diesen Regionen könnten die erwarteten Arbeitsplatzverluste oder deren negative Auswirkungen kompensieren. Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen benötigen weiterhin Unterstützung bei der Entwicklung der Datenerhebung und bei der Umsetzung sowie Finanzierung von Strategien für einen gerechten Übergang zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft, die alle Bevölkerungsgruppen mit einschließt.

Weitere wichtige Erkenntnisse:

  • Die Mehrzahl der Wirtschaftszweige wird von der Schaffung neuer Arbeitsplätze profitieren: von den 163 untersuchten Wirtschaftssektoren werden nur 14 mehr als 10.000 Arbeitsplätze weltweit verlieren.
  • Nur zwei Sektoren, die Erdölgewinnung und Erdölaufbereitung, werden eine Million oder mehr Arbeitsplätze verlieren.
  • 2,5 Millionen Arbeitsplätze werden durch Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien geschaffen, die den Verlust von 400.000 Arbeitsplätzen bei der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen kompensieren.
  • Sechs Millionen Arbeitsplätze können durch den Übergang zu einer „Kreislaufwirtschaft“ geschaffen werden. Diese umfasst Aktivitäten wie Recycling, Reparaturen, Vermietung und Wiederaufbereitung und ersetzt damit das bisherige Wirtschaftsmodell „Gewinnung, Herstellung, Nutzung und Entsorgung“.

Keine Gewinne ohne die richtigen politischen Maßnahmen

Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels können zwar in einigen Fällen zu kurzfristigen Arbeitsplatzverlusten führen. Ihre negativen Auswirkungen können jedoch durch geeignete politische Maßnahmen verringert werden.

Synergien zwischen Sozialschutz- und umweltpolitischen Maßnahmen sind zu nutzen, um sowohl das Einkommen der Arbeitnehmerschaft zu sichern als auch den Übergang zu einer ökologischen Wirtschaft zu unterstützen. Eine kluge Mischung aus politischen Maßnahmen wie Transferleistungen, eine stärkere soziale Absicherung und die eingeschränkte Verwendung fossiler Brennstoffe würde zu einem schnelleren Wirtschaftswachstum, einer verstärkten Schaffung neuer Arbeitsplätze und einer gerechteren  Einkommensverteilung sowie zu geringeren Treibhausgasemissionen führen.

Die Länder sollten dringend frühzeitige Maßnahmen ergreifen, um die für den Übergang zu einer ökologischen Wirtschaft erforderlichen Fähigkeiten bereitzustellen, und neue Ausbildungsprogramme anbieten. Der Übergang zu nachhaltigeren Landwirtschaftssystemen würde Arbeitsplätze in mittleren und großen ökologischen Betrieben schaffen und Kleinbauern die Möglichkeit geben, ihre Einkommensquellen zu diversifizieren, insbesondere wenn Landwirte über die richtigen Fähigkeiten verfügen.

Der Bericht zeigt auch, dass Umweltgesetze, -regelungen und -maßnahmen, die Arbeitsthemen und –fragen mit einschließen, eine wirksame Strategie zur Umsetzung der Decent Work Agenda der ILO  und von umweltpolitischen Zielsetzungen sein können.

Der Sozialdialog, der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen sowie Regierungen in politischen Entscheidungsbildungsprozess zusammenbringt, spielt eine Schlüsselrolle bei der Vereinbarkeit von sozialen und wirtschaftlichen Zielen mit Umweltfragen. Nur so können die Umweltauswirkungen von politischen Maßnahmen verringert und die negativen Auswirkungen auf Beschäftigung oder Arbeitsbedingungen vermieden werden.

Handel(n) gegen den Hunger | Ringvorlesung der Universität Hamburg, 09. April – 25. Juni 2018

Karsten Weitzenegger organisiert mit SID Hamburg

Handel(n) gegen den Hunger
Ringvorlesung der Universität Hamburg, 09. April – 25. Juni 2018

Montags, 18-20 Uhr, Edmund-Siemers-Allee 1, Flügel West, Raum 221
Unter welchen (welt)wirtschaftlichen Bedingungen gelingt Armutsminderung und was können wir konkret dazu beitragen?
Weitere Informationen: www.sid-hamburg.de/ringvorlesung2018

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OECD/FAO-Leitfaden für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten

Unternehmen, die entlang landwirtschaftlicher Lieferketten tätig sind, stehen vor besonderen Herausforderungen. Wie können sie sicherstellen, dass ihre Geschäftstätigkeiten keine negativen Auswirkungen haben und zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen? Welche Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln gibt es und wie können sie eingehalten werden?

Der „OECD/FAO-Leitfaden für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten“ richtet sich an alle involvierten Unternehmen. Er deckt die vor- und nachgelagerten Bereiche der Landwirtschaft ab – von der Bereitstellung landwirtschaftlicher Vorleistungen über Produktion, Nacherntebehandlung, Verarbeitung und Transport bis hin zu Marketing, Vertrieb und Verkauf. Darüber hinaus behandelt er Risikobereiche wie Menschenrechte, Arbeitsrechte, Gesundheit und Sicherheit.

Die OECD und die FAO haben diesen Leitfaden entwickelt, um Unternehmen zu helfen, Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln einzuhalten und Due-Diligence-Prüfungen entlang landwirtschaftlicher Lieferketten durchzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass ihre Geschäftstätigkeit keine negativen Auswirkungen verursacht und zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Der Leitfaden besteht aus:

  • einem Muster zur Unternehmenspolitik, das die Standards skizziert, die Unternehmen einhalten sollten, um verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten aufzubauen;
  • einem Rahmen für risikoabhängige Due-Diligence-Prüfungen, der die fünf Stufen beschreibt, die Unternehmen befolgen sollten, um die negativen Effekte ihrer Geschäftstätigkeit zu identifizieren, zu evaluieren, zu mindern und Rechenschaft darüber abzulegen, wie sie diesen Effekten begegnen;
  • einer Beschreibung der größten Risiken, denen sich Unternehmen gegenübersehen, sowie der Maßnahmen zur Minderung dieser Risiken;
  • einem Leitfaden für die Zusammenarbeit mit indigenen Bevölkerungsgruppen.

Direktzugang zur Online-Ausgabe:
www.oecd-ilibrary.org/agriculture-and-food/oecd-fao-leitfaden-fur-verantwortungsvolle-landwirtschaftliche-lieferketten_9789264261235-de

Klimawandel setzt 40 Prozent mehr Menschen dem Risiko absoluter Wasserknappheit aus

Wasserknappheit trifft schon heute Menschen in vielen Ländern, und durch das Bevölkerungswachstum wird der Bedarf an Süßwasser noch weiter steigen. Zusätzlich aber ist in Zukunft vielerorts weniger Wasser verfügbar, weil sich etwa Regenfall und Verdunstung verändern. Der Klimawandel aufgrund unverminderter Treibhausgasemissionen wird wahrscheinlich noch in diesem Jahrhundert rund 40 Prozent mehr Menschen einem Risiko absoluter Wasserknappheit aussetzen, als es ohne Klimaänderungen der Fall wäre. Das zeigt eine neue Studie, für die eine noch nie dagewesene Zahl von Klimafolgenmodellen verwendet wurde.

Die Analyse wird in einem Sonderteil der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erscheinen, die erste Ergebnisse des Inter-Sectoral Impact Model Intercomparison Project (ISI-MIP) versammelt. Dieses ist ein einzigartiger und von Wissenschaftlern weltweit getragener Versuch, die Forschung zu den Folgen des Klimawandels auf eine neue Ebene zu bringen.

„Die stärkste Zunahme von globaler Wasserknappheit könnte es bei einer globalen Erwärmung von zwei bis drei Grad über dem vorindustriellen Niveau geben – und das werden wir in den nächsten Jahrzehnten bereits erleben, wenn die Emissionen nicht bald gesenkt werden“, sagt Leitautor Jacob Schewe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Dass die Wasserknappheit zunimmt, ist bereits länger bekannt. Aber unsere Studie bestimmt erstmals den relativen Anteil des Klimawandels daran, im Vergleich – und zusätzlich – zu der wachsenden Wasserknappheit, die einfach auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen ist.“

Von China bis zu den USA: Große regionale Unterschiede bei der Verfügbarkeit von Wasser

Ein bis zwei von hundert Menschen leben heute in Ländern mit absoluter Wasserknappheit. Bevölkerungswachstum und Klimawandel würden dies bei einer globalen Erwärmung von rund drei Grad auf zehn von hundert erhöhen, so die Studie. Absolute Wasserknappheit wird definiert als weniger als 500 Kubikmeter pro Jahr und Kopf. Eine solche Menge kann den Bedarf – wenn überhaupt – nur dann decken, sofern sehr effiziente Techniken der Wassernutzung und des Wassermanagements eingesetzt werden; in vielen Ländern gibt es diese Techniken nicht. Zum Vergleich: der durchschnittliche globale Wasserverbrauch pro Kopf und Jahr liegt bei etwa 1200 Kubikmetern, in den Industrieländern noch deutlich höher.

Die regionalen Unterschiede bei den Auswirkungen des Klimawandels auf die Verfügbarkeit von Wasser sind immens. Für den Mittelmeerraum, den Nahen Osten, den Süden der USA und Südchina zum Beispiel sind laut der Studie wahrscheinlich deutliche Verluste an verfügbarem Wasser zu erwarten. Südindien, das westliche China und Teile Ostafrikas hingegen könnten eine erhebliche Zunahme erleben.

Nahrungssicherheit ist abhängig von Bewässerung – Bauern sind die Hauptnutzer von Wasser

„Wasserknappheit ist eine große Bedrohung für die menschliche Entwicklung, etwa in Regionen wo die Nahrungssicherheit von der Bewässerung abhängt – die Landwirtschaft ist der größte Wasserverbraucher weltweit“, sagt Ko-Autor Qiuhong Tang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. „Trotzdem ist auch eine Zunahme von Niederschlägen eine Herausforderung – zusätzliches Wasser kann Überflutungen und Störungen von Infrastruktur wie etwa der Kanalisation verursachen. Insgesamt steigen die Risiken also.“ Neben der Landwirtschaft benötigen auch viele industrielle Produktionsprozesse große Mengen Wasser, so dass ein Mangel daran in manchen Regionen die ökonomische Entwicklung erschwert.

Die Studie basiert auf Berechnungen von elf verschiedenen globalen hydrologischen Modellen, die wiederum mit von fünf globalen Klimamodellen erzeugten Daten angetrieben wurden – ein Ensemble von Simulationen, das es bislang in dieser Größe nicht gegeben hat, und das in Kooperation mit vielen Forschungsgruppen aus der ganzen Welt entstand. Damit führen die Ergebnisse das derzeit aktuellste Wissen über Auswirkungen des Klimawandels auf die Verfügbarkeit von Wasser zusammen. Die in ISI-MIP zusammenarbeitenden Wissenschaftler vergleichen systematisch die Ergebnisse der verschiedenen Computersimulationen, um zu sehen, wo sie übereinstimmen und wo nicht. Die oben genannten Zahlen sind Durchschnittsergebnisse mehrerer Modelle. Das heißt, dass einige der Modelle auch eine mögliche stärkere Zunahme der Wasserknappheit anzeigen.

Modellvergleich erlaubt Perspektive des Risikomanagements

„Dieser breit angelegte Modellvergleich ist insofern einzigartig, als er eine gute Einschätzung der Unsicherheiten bei zukünftigen Folgen des Klimawandels erlaubt – was uns umgekehrt zeigt, welche Erkenntnisse besonders robust sind“, sagt Ko-Autor Pavel Kabat vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA). „Betrachtet man das Ganze aus der Perspektive des Risikomanagements, so wird selbst aus den eher optimistischen Szenarien und Modellen sehr deutlich: Wir bringen Lebensgrundlagen von Millionen Menschen in Gefahr, wenn der menschengemachte Klimawandel sich ungebremst fortsetzt.“

Allerdings sei die Arbeit damit noch lange nicht beendet, fügte er hinzu. „Wir benötigen weitere Forschung, wie sich der Wasserbedarf in Zukunft in verschiedenen Bereichen wie Landwirtschaft, Industrie und Energie entwickeln wird – und wie zusätzlich zur Reduzierung von Treibhausgasen die technologischen Entwicklungen im Wassersektor helfen könnten, Wasserknappheit zu vermindern.“

Artikel: Schewe, J., Heinke, J., Gerten, D., Haddeland, I., Arnell, N.W., Clarke, D.B., Dankers, R., Eisner, S., Fekete, B.M., Colón-González, F.J., Gosling, S.M., Kim, H., Liu, X., Masaki, Y., Portmann, F.T., Satoh, Y., Stacke, T., Tang, Q., Wada, Y., Wisser, D., Albrecht, T., Frieler, K., Piontek, F., Warszawski, L., Kabat, P. (2013): Multi-model assessment of water scarcity under climate change. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition) [DOI:10.1073/pnas.1222460110]

Weblink www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1222460110

Zusammen mit diesem Artikel werden weitere ISI-MIP-Studien online bei PNAS veröffentlicht:

Dankers, R., et al. (2013): First look at changes in flood hazard in the Inter-Sectoral Impact Model Intercomparison Project ensemble. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Elliott, J., et al (2013): Constraints and potentials of future irrigation water availability on agricultural production under climate change. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Friend, A. D., et al. (2013): Carbon residence time dominates uncertainty in terrestrial vegetation responses to future climate and atmospheric CO2. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Haddeland I., et al. (2013): Global water resources affected by human interventions and climate change. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Nelson, G. C., et al. (2013): Climate change effects on agriculture: Economic responses to biophysical shocks. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Piontek, F., et al. (2013): Multisectoral climate impact hotspots in a warming world. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition) [DOI:10.1073/pnas.1222471110]

Prudhomme, C., et al. (2013): Hydrological droughts in the 21st century, hotspots and uncertainties from a global multimodel ensemble experiment. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Rosenzweig, C., et al. (2013): Assessing agricultural risks of climate change in the 21st century in a global gridded crop model intercomparison. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Schellnhuber, H.J., et al (2013): The Elephant, the Blind, and the ISI-MIP. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

Warszawski, L., et al. (2013): The Inter-Sectoral Impact Model Intercomparison Project (ISI-MIP): Project framework. Proceedings of the National Academy of Sciences (early online edition)

ARD-Themenwoche 23. bis 29 Oktober über (Welt)Ernährung

Die ARD-Themenwoche “Essen ist Leben“ zeigt den krassen Gegensatz von Übergewicht und Unterernährung. Vor allem der 90-minütige Dokumentarfilm HUNGER (http://tinyurl.com/34qk6p5) hat es in sich. Um der weltweiten Hungerproblematik auf die Spur zu kommen, sind die Filmemacher Markus Vetter (SWR) und Karin Steinberger (Süddeutsche Zeitung) einmal um die Welt gereist. Bei ihren Besuchen in fünf Ländern (Mauretanien, Kenia, Indien, Brasilien, Haiti) erfuhren sie, warum Menschen mit dem Hunger leben und warum so viele Konzepte der Entwicklungspolitik gescheitert sind. Themen wie Grüne Gentechnik, die EU-Fischerei-Politik, der fehlende Zugang zu Wasser, die Verdrängung der Nahrungsmittel zugunsten der Futtermittelproduktion sowie die Auswirkungen von Billigimporten auf die Entwicklungsländer kommen zur Sprache. http://programm.ard.de/Themenwoche/Startseite