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#GDSR: Ein Aufruf zum Handeln: 20 wichtige Maßnahmen

„Die Zukunft ist jetzt: Wissenschaft zur Erreichung der SDGs“

GSDR 2019Seit 1990 wurden Millionen von Menschen aus der Armut befreit. Dieser Fortschritt ist jedoch bedroht: Die Ungleichheit hat sich vertieft, und der Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt nähern sich den Wendepunkten. Die Wissenschaft ist jedoch in der Lage, die Nachteile mit der Erreichung der 17 miteinander verbundenen Ziele für nachhaltige Entwicklung zu mindern und uns auf den Weg zu bringen, bis 2030 eine bessere Welt für alle zu schaffen. Darüber wurde der Bericht über die Globale Nachhaltige Entwicklung #GSDR jetzt veröffentlicht.

Dieser Bericht ist der erste vierjährliche globale Nachhaltigkeitsbericht, der von einer unabhängigen Gruppe von Wissenschaftler*innen verfasst wurde, die vom Generalsekretär der Vereinten Nationen im Auftrag der Mitgliedstaaten ernannt wurde. Es wurde geschrieben, um Maßnahmen zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu informieren. Der Bericht mit dem Titel „Die Zukunft ist jetzt: Wissenschaft zur Erreichung der SDGs“ betont, dass Regierungen, Unternehmen, Gemeinden und die Zivilgesellschaft eine Reihe von Schlüsselbereichen menschlicher Aktivitäten verändern müssen: Ernährung, Energie, Verbrauch und Städte. Verstärkte Investitionen in die Wissenschaft zur Förderung der Nachhaltigkeit sowie in natur- und sozialwissenschaftliche Einrichtungen in Entwicklungsländern sind erforderlich.

Ein Aufruf zum Handeln: 20 wichtige Maßnahmen

In der Handlungsaufforderung des Berichts werden 20 Punkte genannt, an denen Interventionen zu einem transformativen und beschleunigten Fortschritt in Richtung mehrerer Ziele und Vorgaben im kommenden Jahrzehnt führen können. Diese gezielten Maßnahmen basieren auf der jüngsten wissenschaftlichen Literatur, in der die tieferen systemischen Zusammenhänge analysiert werden, die Synergien und Kompromisse zwischen einzelnen Zielen und Vorgaben aufzeigen.

Der Bericht befürwortet den universellen Zugang zu hochwertigen Grunddienstleistungen – Gesundheitsversorgung, Bildung, Wasser- und Sanitärinfrastruktur, Wohnen und sozialer Schutz – als Voraussetzung für die Beseitigung von Armut und Fortschritten beim menschlichen Wohlbefinden, wobei Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Gruppen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Der Bericht ruft dazu auf, erneut auf die Beendigung der rechtlichen und sozialen Diskriminierung zu achten und die Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Frauengruppen und anderen Gemeinschaftsorganisationen zu stärken, um sie als wichtige Partner bei den Bemühungen um die Umsetzung der Agenda 2030 zu betrachten. Die Autoren identifizieren die Lebensmittel- und Energiesysteme als besonders wichtige Schauplätze für Veränderungen, da diese Systeme, wie sie derzeit funktionieren, die Welt in die Nähe von Wendepunkten für die Umwelt bringen, aber auch wichtige Verbindungen für die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden sind.

Das Lebensmittelsystem muss weitreichende Änderungen an der Infrastruktur, den kulturellen und gesellschaftlichen Normen und der Politik erfahren, die den gegenwärtigen, nicht nachhaltigen Status quo unterstützen. Gegenwärtig leiden ungefähr 2 Milliarden Menschen unter Ernährungsunsicherheit und 820 Millionen Menschen sind unterernährt. Gleichzeitig nimmt die Übergewichtsrate in fast allen Regionen der Welt zu. Weltweit sind 2 Milliarden Erwachsene und 40 Millionen Kinder unter fünf Jahren übergewichtig.

Für Entwicklungsländer sind stärkere Sozialschutzböden erforderlich, um Ernährungssicherheit und Ernährung zu gewährleisten. Die Länder müssen die Umweltauswirkungen ihrer Lebensmittelproduktionssysteme unter Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette verringern, indem sie Lebensmittelverschwendung und die Abhängigkeit von tierischen Proteinquellen verringern. Sowohl die Entwicklungs- als auch die Industrieländer müssen verstärkt auf Unterernährung in all ihren Formen achten – auch auf die zunehmende Zahl von Übergewichtigen.

Das Energiesystem muss sich auch transformieren, um die Energiezugangslücke zu schließen. Fast 1 Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität, hauptsächlich in Afrika südlich der Sahara, und mehr als 3 Milliarden Menschen sind darauf angewiesen, feste Brennstoffe zum Kochen zu verschmutzen, was schätzungsweise 3,8 verursacht  Millionen vorzeitiger Todesfälle pro Jahr. Diese Lücken müssen gleichzeitig geschlossen werden. Erforderlich ist die Steigerung der Energieeffizienz und Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung ohne Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, damit die Weltwirtschaft im Einklang mit den Bestrebungen des Pariser Abkommens dekarbonisiert wird.

Der Anteil moderner erneuerbarer Energien an der gesamten weltweiten Energieversorgung ist in den letzten zehn Jahren jährlich um durchschnittlich 5,4 Prozent gestiegen. Seit 2009 sind die Preise für erneuerbaren Strom für Solarphotovoltaik um 77 Prozent und für Onshore-Wind um 38 Prozent gesunken – und seit fünf Jahren in Folge haben die weltweiten Investitionen in saubere Energie jährlich 300 Milliarden US-Dollar überschritten.

Zusätzliches Wachstum wurde jedoch durch direkte und indirekte Subventionen für fossile Brennstoffe gebremst, die weiterhin von ihren tatsächlichen Kosten für Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt ablenken. Dem Bericht zufolge werden bis 2050 voraussichtlich zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Um die Agenda 2030 zu erreichen, sind kompaktere und effizientere Städte erforderlich, die durch hochwertige öffentliche Verkehrsmittel und andere Infrastrukturen, soziale Dienste und eine leistungsfähige Wirtschaft besser bedient werden können menschenwürdige und nachhaltige Lebensgrundlagen, einschließlich solcher, die durch Technologie und naturbasierte Industrien ermöglicht werden. Partnerschaften und Netzwerke zwischen Partnerstädten können kommunalen Führungskräften helfen, auf bewährten Praktiken und Fachwissen aufzubauen, ebenso wie Investitionen in den Aufbau einer „Wissenschaft der Städte“.

Die Wissenschaftler*innen betonten, dass die globalen Umweltgüter wie Atmosphäre, Regenwald und Ozeane als wichtige Quellen für Ökosystemleistungen und natürliche Ressourcen geschützt werden müssen. Regierungen, lokale Gemeinschaften, der Privatsektor und internationale Akteure müssen zusammenarbeiten, um natürliche Ressourcen zu erhalten, wiederherzustellen und nachhaltig zu nutzen. Die genaue Bewertung von Umweltgütern ist ein kritischer erster Schritt, und ihr Wert sollte durch Preisgestaltung, Transfers, Regulierung und andere wirtschaftliche Instrumente widergespiegelt werden.

Entscheidungen auf wissenschaftlicher Basis

Die Wissenschaft muss eine wichtige Rolle bei der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung spielen. Universitäten, politische Entscheidungsträger und Forschungsförderer müssen die von der Agenda 2030 geleitete Forschung stärker unterstützen. Gleichzeitig müssen Forscher der Nachhaltigkeitswissenschaft und anderer Disziplinen zusammenarbeiten, um Entwicklungsprobleme zu lösen und die Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zu stärken. Sie müssen der Gesellschaft und den politischen Entscheidungsträgern Informationen zur Verfügung stellen, die sie zur Lösung von Entwicklungsproblemen verwenden können.

Der Bericht spricht für eine Verlagerung der aktuellen Forschungsprioritäten und die Unterstützung innovativer Ansätze in der Nachhaltigkeitswissenschaft, die Betonung von interdisziplinären Partnerschaften und die Bereitstellung von Unterstützung und Ressourcen für wissenschaftliche Institutionen, insbesondere im globalen Süden. Entwicklungshilfebudgets sollten die Steigerung der wissenschaftlichen Kapazität und des Zugangs im globalen Süden priorisieren. UN-Mitgliedstaaten, Forschungskonsortien und Bibliotheken sollten zusammenarbeiten, um die grenzüberschreitende und interdisziplinäre wissenschaftliche Zusammenarbeit für die SDGs zu verbessern.

Der vollständige Bericht „Die Zukunft ist jetzt: Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung“ ist hier zu finden: https://sustainabledevelopment.un.org/gsdr2019

GSDR 2019
UNO-Bericht #GSDR fordert mehr Ambition bei der Umsetzung der 2030-Agenda

Der Globale Nachhaltigkeitsbericht identifiziert wichtige Ansatzpunkte für eine Transformation unserer Wirtschaftsweise

Der heute veröffentlichte Globale Nachhaltigkeitsbericht (Global Sustainable Development Report, #GDSR) unterstreicht die Notwendigkeit, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis 2030 zu erreichen. Besorgniserregend sind laut Bericht v.a. die global wachsende soziale Ungleichheit, ungebremster Klimawandel, der unvermindert voranschreitende Verlust der biologischen Vielfalt sowie die zunehmende Menge an menschenproduzierten Abfällen. Diese Entwicklungen zeichnen sich nicht nur durch negative, schwer zu ändernde oder unumkehrbare Auswirkungen aus, sondern erschweren die Umsetzung fast aller anderen Nachhaltigkeitsziele. Dies wirkt sich vielfach negativ auf Wirtschaft und Gesellschaft aus. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Umsetzung der 2030-Agenda wesentlich ambitionierter erfolgen muss.

Die SDGs und die Ziele des Pariser Klimaabkommens sind weiterhin erreichbar, stellt der GSDR in Übereinstimmung mit den letzten Sonderberichten des Weltklimarats (IPCC) und des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) fest. Der GSDR betont zugleich, dass dafür eine regionen- und sektorübergreifende Kooperation zwischen Regierungen, Institutionen und Akteuren aller Art nötig ist. Ein Umsteuern erfordert radikale Reformen, damit katastrophale Folgen und potentiell unumkehrbare Schäden der Umwelt verhindert bzw. abgemildert werden.

Wichtige Ansatzpunkte für die erforderliche Transformation unserer Gesellschaften sieht der Bericht vor allem im Wandel hin zu einer nachhaltigen Produktion von Nahrungsmitteln, in der Sicherstellung des universellen Zugangs zu nachhaltiger Energie, in der nachhaltigen Stadtentwicklung sowie im Schutz und nachhaltigen Management der globalen öffentlichen Umweltgüter, wie den Meeren.

Der GSDR wird alle vier Jahre von einer durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen einberufenen Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen und Herkunft für den SDG-Gipfel in New York am 24. und 25. September erstellt, die im Vierjahresrhythmus stattfinden. Er liefert jeweils einen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaften aufbauenden Überblick über die Umsetzung der 2030-Agenda, analysiert Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Nachhaltigkeitszielen der Agenda und beschreibt mögliche Transformationspfade.

Rezpetion in Deutschland

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Die Botschaft der Wissenschaft ist eindeutig: Wenn sie weitermacht wie bisher, gefährdet die Menschheit ihre natürlichen Lebensgrundlagen und dadurch auch die Grundfesten von Gesellschaft und Wirtschaft. Ein kraftvolles Umsteuern hin zu mehr Nachhaltigkeit ist dringend nötig. Das Gute ist: Die Maßnahmen dafür sind bereits erprobt und stehen uns zur Verfügung – und eine entschlossene und schnelle Umsetzung hätte auch erhebliche volkswirtschaftliche Vorteile.“

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller: „Wir müssen unseren Lebensstil und unsere Form des Wirtschaftens grundlegend ändern, das ist die Essenz des Berichts. Wir zerstören unsere eigenen Lebensgrundlagen und vor allem auch die der künftigen Generationen. Wir tun schon viel: Wir investieren in erneuerbare Energien, wir fördern den nachhaltigen Konsum und die Anpassung an den Klimawandel. Klar ist aber, wir alle müssen uns noch mehr anstrengen – jeder Einzelne und die Weltgemeinschaft als Ganzes.“

Der Bericht ist auf der folgenden Internetseite der UNO abrufbar: https://sustainabledevelopment.un.org/globalsdreport/2019

ILO Bericht 2018
ILO sieht 24 Millionen neue Arbeitsplätze in der Green Economy

Während die Welt sich in Richtung grüne Wirtschaft bewegt, werden Arbeitsplätze verloren gehen, aber auch neue geschaffen werden, so der neue WESO-Report der ILO zur Green Economy.

Genf (ILO News) –  24 Millionen neue Arbeitsplätze können bis 2030 weltweit geschaffen werden, wenn man die richtigen Maßnahmen zur Förderung einer ökologischen  Wirtschaft ergreift, so die zentrale Schlußfolgerung aus dem  aktuellen WESO-Report der ILO.

Der ILO-Bericht „World Employment and Social Outlook 2018: Greening with Jobs “ geht davon aus, dass die Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius gleichzeitig ausreichend Arbeitsplätze schaffen werden, um den Abbau von sechs Millionen Stellen an anderer Stelle mehr als zu kompensieren.

Neue Arbeitsplätze werden geschaffen, indem nachhaltige Praktiken im Energiesektor eingeführt werden, einschließlich der Veränderungen im Energiemix, der Förderung des Einsatzes von Elektrofahrzeugen und der Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden.

Ökosystemdienstleistungen – einschließlich Luft- und Wasserreinigung, Bodenerneuerung und -düngung, Schädlingsbekämpfung, Bestäubung und Schutz gegen extreme Wetterbedingungen – stützen unter anderem die Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft und den Tourismus, die zusammen 1,2 Milliarden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen.

Der zu erwartende Temperaturanstieg ruft Hitzestress, insbesondere in der Landwirtschaft hervor. Dies kann zu medizinischen Problemen führen, bis hin zu Erschöpfung und Schlaganfällen. Laut ILO-Berechnungen  kann das Krankheiten verursachen, die weltweiten mit einem Verlust von zwei Prozent der geleisteten Arbeitsstunden bis 2030 verbunden sind.

„Die Ergebnisse unserer Analysen zeigen, dass Arbeitsplätze stark von einer gesunden Umwelt und den damit verbundenen Dienstleistungen abhängig sind. Green Economy kann Millionen von Menschen dazu verhelfen, Armut zu überwinden und bessere Lebensgrundlagen für die jetzige und künftige Generationen zu schaffen. Dies ist eine sehr positive Perspektive und eröffnet Chancen  in einer komplexer werdenden Welt“, so Deborah Greenfield, stellvertretende ILO-Generaldirektorin der ILO.

Auf regionaler Ebene werden in Nord- und Südamerika geschätzt drei Millionen, im Raum Asien und Pazifik 14 Millionen und in Europa und Vorderasien zwei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, die auf Maßnahmen zur Erzeugung und Nutzung von Energie zurückzuführen sind.

Im Gegensatz hierzu könnte es im Nahen Osten (-0,48 Prozent) und in Afrika (-0,04 Prozent) zu Arbeitplatzverlusten kommen, wenn sich die aktuellen Entwicklungen aufgrund der Abhängigkeit dieser Regionen von fossilen Brennstoffen und vom Bergbau fortsetzen.

Die Regionen und Länder sind gefordert, umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um die Arbeitskräfte für den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft auszubilden. Zudem muss ihnen sozialer Schutz geboten werden, der den Übergang zu neuen Arbeitsplätzen erleichtert, zur Armutsprävention beiträgt und Haushalte und Gemeinden stabilisiert.

Politische Veränderungen in diesen Regionen könnten die erwarteten Arbeitsplatzverluste oder deren negative Auswirkungen kompensieren. Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen benötigen weiterhin Unterstützung bei der Entwicklung der Datenerhebung und bei der Umsetzung sowie Finanzierung von Strategien für einen gerechten Übergang zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft, die alle Bevölkerungsgruppen mit einschließt.

Weitere wichtige Erkenntnisse:

  • Die Mehrzahl der Wirtschaftszweige wird von der Schaffung neuer Arbeitsplätze profitieren: von den 163 untersuchten Wirtschaftssektoren werden nur 14 mehr als 10.000 Arbeitsplätze weltweit verlieren.
  • Nur zwei Sektoren, die Erdölgewinnung und Erdölaufbereitung, werden eine Million oder mehr Arbeitsplätze verlieren.
  • 2,5 Millionen Arbeitsplätze werden durch Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien geschaffen, die den Verlust von 400.000 Arbeitsplätzen bei der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen kompensieren.
  • Sechs Millionen Arbeitsplätze können durch den Übergang zu einer „Kreislaufwirtschaft“ geschaffen werden. Diese umfasst Aktivitäten wie Recycling, Reparaturen, Vermietung und Wiederaufbereitung und ersetzt damit das bisherige Wirtschaftsmodell „Gewinnung, Herstellung, Nutzung und Entsorgung“.

Keine Gewinne ohne die richtigen politischen Maßnahmen

Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels können zwar in einigen Fällen zu kurzfristigen Arbeitsplatzverlusten führen. Ihre negativen Auswirkungen können jedoch durch geeignete politische Maßnahmen verringert werden.

Synergien zwischen Sozialschutz- und umweltpolitischen Maßnahmen sind zu nutzen, um sowohl das Einkommen der Arbeitnehmerschaft zu sichern als auch den Übergang zu einer ökologischen Wirtschaft zu unterstützen. Eine kluge Mischung aus politischen Maßnahmen wie Transferleistungen, eine stärkere soziale Absicherung und die eingeschränkte Verwendung fossiler Brennstoffe würde zu einem schnelleren Wirtschaftswachstum, einer verstärkten Schaffung neuer Arbeitsplätze und einer gerechteren  Einkommensverteilung sowie zu geringeren Treibhausgasemissionen führen.

Die Länder sollten dringend frühzeitige Maßnahmen ergreifen, um die für den Übergang zu einer ökologischen Wirtschaft erforderlichen Fähigkeiten bereitzustellen, und neue Ausbildungsprogramme anbieten. Der Übergang zu nachhaltigeren Landwirtschaftssystemen würde Arbeitsplätze in mittleren und großen ökologischen Betrieben schaffen und Kleinbauern die Möglichkeit geben, ihre Einkommensquellen zu diversifizieren, insbesondere wenn Landwirte über die richtigen Fähigkeiten verfügen.

Der Bericht zeigt auch, dass Umweltgesetze, -regelungen und -maßnahmen, die Arbeitsthemen und –fragen mit einschließen, eine wirksame Strategie zur Umsetzung der Decent Work Agenda der ILO  und von umweltpolitischen Zielsetzungen sein können.

Der Sozialdialog, der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen sowie Regierungen in politischen Entscheidungsbildungsprozess zusammenbringt, spielt eine Schlüsselrolle bei der Vereinbarkeit von sozialen und wirtschaftlichen Zielen mit Umweltfragen. Nur so können die Umweltauswirkungen von politischen Maßnahmen verringert und die negativen Auswirkungen auf Beschäftigung oder Arbeitsbedingungen vermieden werden.

Handel(n) gegen den Hunger | Ringvorlesung der Universität Hamburg, 09. April – 25. Juni 2018

Karsten Weitzenegger organisiert mit SID Hamburg

Handel(n) gegen den Hunger
Ringvorlesung der Universität Hamburg, 09. April – 25. Juni 2018

Montags, 18-20 Uhr, Edmund-Siemers-Allee 1, Flügel West, Raum 221
Unter welchen (welt)wirtschaftlichen Bedingungen gelingt Armutsminderung und was können wir konkret dazu beitragen?
Weitere Informationen: www.sid-hamburg.de/ringvorlesung2018

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OECD DAC 2017 Report
Daten für Entwicklung | OECD Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2017
Daten sind eine Grundvoraussetzung, um die Agenda 2030 der Vereinten Nationen umsetzen zu können und sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird. Dabei stellen die SDG (Sustainable Development Goals) hohe Anforderungen an die nationalen Statistiksysteme weltweit, vor allem die vieler Entwicklungsländer. 
Der „Development Co-operation Report“ legt daher in diesem Jahr den Fokus auf das Thema Daten für Entwicklung. Der Bericht schlägt konkrete Maßnahmen vor, wie Entwicklungsländer und ihre Partner die im Hinblick auf Daten bestehende Kluft überbrücken können. Und er geht der Frage auf den Grund, wie sich die statistischen Systeme in Entwicklungsländern stärken lassen, um bessere Daten für eine bessere Politik und bessere Lebensbedingungen zu liefern.

Daten sind eine Grundvoraussetzung, um die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen umsetzen und sicherstellen zu können, dass niemand zurückgelassen wird. Der Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2017 legt den Fokus auf das Thema Daten für Entwicklung, denn qualitativ hochwertige, zeitnahe und aufgeschlüsselte Daten sind unerlässlich, um das übergeordnete Entwicklungsziel – das Wohlergehen der Menschen zu steigern und die Armut zu bekämpfen – zu erreichen. Es besteht allerdings ein erhebliches Risiko, dass der anhaltende Mangel an grundlegenden Daten über die Bevölkerung und den Planeten in den Entwicklungsländern bzw. die geringen Anreize und Kapazitäten zur Beseitigung dieser Defizite einer erfolgreichen Umsetzung im Weg stehen.

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDG) stellen an die nationalen Statistiksysteme weltweit hohe Anforderungen. Die meisten Länder, darunter zahlreiche OECD‑Länder, haben für viele der Indikatoren des globalen Indikatorenrahmens der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen noch nicht mit der Datenerhebung begonnen. Viele Entwicklungsländer mit geringen Statistikkapazitäten stehen sogar vor noch größeren Herausforderungen. So sind etwa die Armutsdaten in 77 Entwicklungsländern unzureichend. In nur 56% der Länder weltweit werden mindestens 90% der Geburten erfasst, und in Subsahara‑Afrika stehen lediglich in 15%, in Südasien in 33% und in Südostasien in 36% der Länder solche Daten zur Verfügung. Über nationale Statistikvorschriften, die den Grundprinzipien der amtlichen Statistik der Vereinten Nationen entsprechen, verfügen lediglich 37 Länder. Es sind nach wie vor große methodologische und strategische Herausforderungen zu bewältigen, u.a. jene, die Datenerhebung für das globale Monitoring einerseits und für die nationale Politikgestaltung andererseits zu harmonisieren.

In diesem Bericht wird untersucht, wie Entwicklungsländer und ihre Entwicklungspartner die im Hinblick auf Daten bestehende Kluft überbrücken können, indem sie die einzigartige Chance nutzen, die Technik in den Dienst des bislang ehrgeizigsten Entwicklungsplans, die Agenda 2030, zu stellen – und damit die Risiken mindern. Dank neuer Technologien und der sogenannten Datenrevolution lassen sich Daten, die politische Entscheidungsträger für fundierte Politikentscheidungen und eine evidenzbasierte Prioritätensetzung brauchen, leichter, schneller und kostengünstiger erheben. Einfach mehr Daten zu erheben, genügt jedoch nicht: Die Daten müssen aufbereitet, analysiert und verarbeitet werden, um für die Politikgestaltung, das Monitoring und die Rechenschaftslegung von Nutzen zu sein.

Die Datenrevolution bietet Regierungen und nationalen Statistikämtern eine willkommene Chance, mehr nützliche Daten zu erheben, indem neue Quellen zur Generierung von Daten genutzt werden, die die offiziellen Statistiken ergänzen und verbessern, jedoch nicht ersetzen können. In einigen Entwicklungsländern hat die Datenrevolution bereits Einzug gehalten – mit positiven Ergebnissen. In Äthiopien, Sri Lanka, Südafrika und Uganda wurden die Effizienz und die Genauigkeit von Volkszählungen und Datenerhebungen durch den Einsatz von Geräten für computergestützte persönliche Interviews, wie Tablets und andere mobile Geräte, verbessert. Geodaten erleichtern in nationalen Statistiksystemen das Monitoring der sozioökonomischen und ökologischen Gegebenheiten, ermöglichen eine geografische Aufschlüsselung und eine größere Dynamik der geolokalisierten Daten.

In diesem Bericht werden Möglichkeiten identifiziert, wie die Datenkluft überbrückt werden kann, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern. In den Entwicklungsländern bedarf es politischer Führungsstärke, um zu gewährleisten, dass Daten zu einem Entwicklungsmotor werden. Dies setzt voraus, dass das Konzept Daten für Entwicklung gefördert und zugleich sichergestellt wird, dass bei der Datenerhebung hohe Qualitätsstandards eingehalten werden, durch die der Datenschutz und die Vertraulichkeit der Daten gewährleistet werden. Im Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2017 werden sechs konkrete Maßnahmen empfohlen, um das Potenzial, das Daten für eine nachhaltige Entwicklung bieten, maximal auszuschöpfen.

Datenmaßnahme 1 Statistische Rechtsvorschriften, Regelungen und Standards an den sich verändernden Datenbedarf anpassen

Um inklusive Datenökosysteme aufzubauen, die für die globale Entwicklung und die einzelnen Bürger von Nutzen sind, bedarf es eines geeigneten institutionellen und gesetzlichen Rahmens. Die wachsende Zahl an der Datenproduktion und ‑nutzung beteiligter öffentlicher, privater und zivilgesellschaftlicher Akteure und Institutionen macht den Bedarf an klaren rechtlichen und ethischen Standards, Qualitätsnormen und Protokollen noch dringender. Mit diesen sollte die Nutzung traditioneller und neuer Datenquellen geregelt werden, um das nötige Vertrauen zu schaffen, damit diese Daten zu zweckmäßigen Politikmaßnahmen und guten Entwicklungsergebnissen beitragen.

Datenmaßnahme 2 Die Quantität und Qualität der Datenfinanzierung verbessern

Investitionen in Statistiksysteme müssen sowohl in den Entwicklungsländern als auch bei deren Entwicklungspartnern zu einer strategischen Priorität werden. Wenn die nationalen Statistiksysteme die wachsende Nachfrage nach mehr und besseren Daten decken sollen, müssen die Budgets aufgestockt werden. Indem Daten zu einer sektorübergreifenden Priorität der Entwicklungszusammenarbeit erklärt werden, können die Leistungserbringer diese allmählich als Teil der grundlegenden Infrastruktur zur Erfüllung der nationalen, regionalen und globalen Entwicklungsverpflichtungen begreifen.

Datenmaßnahme 3 Die statistischen Kapazitäten und die Datenkompetenz durch neue Ansätze erhöhen

Es müssen neue, umfassendere Ansätze zum Aufbau statistischer Kapazitäten entwickelt und getestet werden, die über den Kapazitätsaufbau zur Erhebung von Daten hinausgehen und die nationalen Statistikämter in die Lage versetzen, im Datenökosystem eine wandelbare, multifunktionale Rolle zu übernehmen und bessere institutionelle Rahmenbedingungen bzw. ein günstigeres Umfeld für Daten und Statistiken zu schaffen.

Datenmaßnahme 4 Die Effizienz und die Wirkung durch Datenpakte oder andere koordinierte, von den Partnerländern getragene Ansätze steigern

Die Entwicklungsländer sollten die Anreize zur Erhebung von Daten für die nationale Politikgestaltung einerseits und das globale Monitoring andererseits mit Hilfe inklusiver, auf gegenseitiger Rechenschaftspflicht beruhender Partnerschaften zwischen den Datenproduzenten und ‑nutzern besser aufeinander abstimmen. Datenpakte zur Koordinierung und Harmonisierung der Investitionen in Daten und der Förderung von Statistiksystemen sind ein vielversprechender Ansatz, der weiter getestet werden sollte, um sicherzustellen, dass er den Bedürfnissen aller betroffenen Akteure gerecht wird und die gegenseitige Rechenschaftspflicht in Bezug auf die Umsetzung gemeinsamer, ergebnisorientierter Aktionspläne fördert.

Datenmaßnahme 5 In von Partnerländern erhobene Ergebnisdaten investieren und diese nutzen, um die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu überwachen

Die internationalen Entwicklungsakteure dürfen nicht an einem „Business‑as‑usual“‑Ansatz festhalten. Statt Daten für die Deckung ihrer eigenen Berichts‑ und Rechenschaftserfordernisse zu erheben und zu nutzen, sollten sie die von den Partnerländern getragenen Strategien und Datenökosysteme fördern. Dies erfordert eine klare Vision und einen pragmatischen Umgang mit dem Druck, für jeden in die Entwicklungszusammenarbeit geflossenen Dollar Ergebnisse auszuweisen. Außerdem bedeutet dies, dass sichergestellt werden muss, dass die Ergebnisse unabhängiger Datenerhebungen allen Entwicklungsakteuren zugänglich und auf die statistischen Zielsetzungen der Regierungen der Entwicklungsländer abgestimmt sind.

Datenmaßnahme 6 Bessere Daten erheben und für ein besseres Gesamtverständnis der SDG‑Finanzierung nutzen

Auch die Daten zur Entwicklungsfinanzierung müssen verbessert werden. Das bedeutet, dass ein umfassendes Bild der Finanzierung gewonnen werden muss, indem die Verfügbarkeit und Transparenz hochwertiger Daten zur Entwicklungsfinanzierung erhöht und die jeweiligen Methoden und Standards verbessert werden, mit dem Ziel, Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, ihre nationalen Entwicklungsstrategien und ‑prioritäten zu planen und im Haushalt zu veranschlagen.

Quelle: OECD
Ungebremster Klimawandel gefährdet mühsam erarbeitete Entwicklungsfortschritte in Asien
MANILA, 14. Juli 2017 (ADB) – ein ungebremster Klimawandel hätte für Länder in Asien und Ozeanien verheerende Folgen und würde sich stark auf ihr zukünftiges Wachstum auswirken. Außerdem würden sich aktuelle Entwicklungserfolge umgekehren und die Lebensqualität abnehmen. Das ergibt ein Bericht, den die asiatische Entwicklungsbank (ADB) und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erstellt haben.
In einem Basisszenario wird für den asiatischen Kontinent bis zum Ende des Jahrhunderts, ein Temperaturanstieg von 6 °C prognostiziert. Einige Länder der Region könnten dabei noch weitaus heißere klimatische Bedingungen erleben. So wird erwartet, dass die Temperatur in Tadschikistan, Afghanistan, Pakistan und dem Nordwesten Chinas um bis zu 8 °C steigt. Das ergibt der Bericht mit dem Titel A Region at Risk: The Human Dimensions of Climate Change in Asia and the Pacific (Eine Region in Gefahr: die menschliche Dimension des Klimawandels in Asien und Ozeanien).
Ein solcher Temperaturanstieg hätte dramatische Folgen für das Wettersystem, die Landwirtschaft und die Fischerei in der Region, die biologische Vielfalt an Land und im Wasser, die regionale Sicherheit, den Handel, die Stadtentwicklung, Migrationsbewegungen und Gesundheit. Ein solches Szenario stellt für einige Länder in der Region sogar eine existenzielle Bedrohung dar und zerstört jede Hoffnung auf eine nachhaltige und integrative Entwicklung.
„Die globale Klimakrise ist mit Sicherheit die größte Herausforderung, mit der die menschliche Zivilisation im 21. Jahrhundert konfrontiert ist. Und Asien und Ozeanien stehen dabei im Mittelpunkt“, so Bambang Susantono, ADB-Vizepräsident für Wissensmanagement und nachhaltige Entwicklung. „In Asien und Ozeanien leben zwei Drittel der armen Weltbevölkerung. Die Region gilt als besonders anfällig für den Klimawandel und ist in besonderer Weise von einer noch schlimmeren Armut – und noch verheerenderen Naturkatastrophen – bedroht, wenn nicht schnell und konsequent Schutz- und Anpassungsmaßnahmen umgesetzt werden.“
„Die Länder Asiens haben die Zukunft der Erde in der Hand. Wenn Sie sich dazu entschließen, sich vor dem gefährlichen Klimawandel zu schützen, können sie dazu beitragen, den gesamten Planeten zu schützen“, sagt Professor Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des PIK. „Es handelt sich um eine doppelte Herausforderung. Einerseits müssen die Treibhausgasemissionen in Asien so verringert werden, dass die Weltgemeinschaft die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C begrenzen kann, wie dies 2015 in Paris vereinbart worden ist. Doch schon eine Begrenzung auf 1,5 °C ist eine gigantische Aufgabe. Andererseits müssen die asiatischen Länder Strategien finden, wie sie auch angesichts eines unabwendbaren Klimawandels Wohlstand und Sicherheit im Rahmen einer gesunden globalen Entwicklung gewährleisten können. Gleichzeitig muss man bedenken, dass sich Asien nie dagewesene wirtschaftliche Chancen bieten, wenn sich der Kontinent federführend an der neuen sauberen industriellen Revolution beteiligt. Durch die Erprobung geeigneter Strategien zur Einhegung von Umweltveränderungen kann Asien zu einem entscheidenden Akteur des Multilateralismus im 21. Jahrhundert werden.“
Es wird erwartet, dass Asien und Ozeanien bei steigenden globalen Durchschnittstemperaturen von stärkeren Taifunen und Zyklonen heimgesucht werden wird. In einem Basisszenario wird die jährliche Niederschlagsmenge in den meisten Landflächen der Region um bis zu 50 % zunehmen, wobei Länder wie Pakistan und Afghanistan einen Rückgang der Niederschlagsmenge um 20-50 % erleben könnten.
Die Küstenregionen und Tiefebenen der Region sind verstärkt von Überschwemmungen bedroht. 19 der 25 am stärksten von einem Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter betroffenen Städte befinden sich in der Region. Allein sieben von ihnen auf den Philippinen. Das am stärksten von Küstenüberflutungen betroffene Land der Region wird jedoch Indonesien sein, dort werden bis 2100 jedes Jahr etwa 5,9 Millionen Menschen betroffen sein.
Eine erhöhte Anfälligkeit für Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen wird sich wirtschaftlich stark auf die Region – und die ganze Welt – auswirken. Schäden durch Überschwemmungen werden von jährlich 6 Milliarden Dollar im Jahr 2005 auf 52 Milliarden Dollar im Jahr 2050 steigen. Außerdem befinden sich 13 der 20 Städte mit dem größten Anstieg jährlicher Überflutungsschäden zwischen 2005 und 2050 in Asien und Ozeanien: Guangzhou, Shenzhen, Tianjin, Zhanjiang und Xiamen (China); Bombay, Chennai-Madras, Surat und Kalkutta (Indien); Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam); Jakarta (Indonesien); Bangkok (Thailand) und Nagoya (Japan).
Der Klimawandel wird auch die Lebensmittelproduktion in der Region erschweren und die Produktionskosten erhöhen. In einigen Ländern Südostasiens könnten die Reiserträge bis zum Jahr 2100 um bis zu 50 % zurückgehen, wenn keinerlei Maßnahmen ergriffen werden. In Usbekistan wird erwartet, dass so gut wie alle Getreidesorten bis zum Jahr 2050 20-50 % ihres Ertrags einbüßen, selbst wenn die Erderwärmung auf 2 °C begrenzt wird (Pariser Klimaschutzabkommen). Die Lebensmittelknappheit wird die Anzahl mangelernährter Kinder in Südostasien um 7 Millionen erhöhen, da die Einfuhrkosten in der Unterregion bis 2050 von 2 Milliarden Dollar auf 15 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen werden.
Meeresökosysteme werden insbesondere im Westpazifik bis zum Jahr 2100 ernsthaft gefährdet sein. Sämtliche Korallenriffe der Unterregion werden aufgrund der Korallenbleiche kollabieren, wenn die Erderwärmung 4 °C erreicht (globales Basisszenario). Selbst ein Temperaturanstieg um 1,5 °C wird dazu führen, dass 89 % aller Korallenriffe von der Korallenbleiche betroffen sind. Dies wird die Riff-Fischerei und den Tourismus in Südostasien stark beeinträchtigen.
Der Klimawandel ist auch eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit in Asien und Ozeanien. Schon jetzt sterben jedes Jahr 3,3 Millionen Menschen wegen der Luftverschmutzung, wobei die VR China, Indien, Pakistan und Bangladesch die Rangliste anführen. Hitzebedingte Todesfälle in der älteren Bevölkerung in der Region dürften bis 2050 aufgrund des Klimawandels um etwa 52.000 Fälle zunehmen, wie Daten der Weltgesundheitsorganisation nahelegen. Todesfälle durch vektorübertragene Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber könnten ebenfalls zunehmen.
Eine „Business as usual“-Herangehensweise an den Klimawandel könnte auch funktionierende Ökosysteme stören und eine Massenmigration – vor allem in städtische Ballungsräume – auslösen, die zu einer weiteren Überfüllung der Metropolen und einer Überforderung der sozialen Dienste führen kann.
Vor allem aber könnte ein wärmeres Klima in der Region die Energieversorgung gefährden. Der Klimawandel kann die Energieunsicherheit unter anderem durch die fortgesetzte Abhängigkeit von unnachhaltigen fossilen Brennstoffen, Kapazitätssenkungen von Wärmekraftwerken aufgrund mangelnden Kühlwassers und Ausfällen von Wasserkraftwerken wegen ungewisser Ablaufmengen verschärfen. Die Energieunsicherheit könnte Konflikte erzeugen, da Staaten um begrenzte Energieressourcen konkurrieren.
Was die Bekämpfung der Klimawandelfolgen angeht, so hebt der Bericht hervor, wie wichtig eine Umsetzung der im Pariser Klimaabkommen festgeschriebenen Zusagen ist. Dazu zählen öffentliche und private Investitionen in eine beschleunigte Entkarbonisierung der asiatischen Wirtschaft sowie die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zum Schutz der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsteile in der Region. Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen sollten dabei zusätzlich zu den anhaltenden Innovationsbemühungen in den Bereichen erneuerbare Energien und Technologie in makroregionale Entwicklungsstrategien und mikroregionale Projektplanungen in sämtlichen Bereichen eingebettet werden. Die Region verfügt laut Bericht sowohl über die Kapazität als auch den notwendigen Einfluss, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, die globalen Emissionen einzudämmen und Anpassungsmaßnahmen umzusetzen.
Die ADB hat im Jahr 2016 eine Rekordsumme von 3,7 Milliarden Dollar zur Klimafinanzierung bewilligt und bereits angekündigt, ihre Investitionen bis 2020 auf 6 Milliarden Dollar zu erhöhen. Die in Manila beheimatete Asiatische Entwicklungsbank setzt sich für die Armutsbekämpfung in Asien und Ozeanien durch integratives Wirtschaftswachstum, umweltfreundliches, nachhaltiges Wachstum und regionale Integration ein. Sie wurde 1966 gegründet und feiert aktuell 50 Jahre Entwicklungspartnerschaft in der Region. Eigentümer sind 67 Mitgliedsländer, von denen 48 in der Region liegen. 2016 belief sich die Unterstützung der ADB auf insgesamt 31,7 Milliarden Dollar, von denen 14 Milliarden Dollar in Kofinanzierungen flossen.
Klicken Sie hier, um die Pressekonferenz im Livestream zu verfolgen. Beteiligen Sie sich in den sozialen Medien unter dem # AsiaHeatsUp an der Diskussion.
Migration und nachhaltige Entwicklung: Risiken, Chancen und Handlungsmöglichkeiten: Antworten für die G20

Für die Welthungerhilfe und SID Hamburg habe ich eine Veranstaltung konzipiert, die Dialog und Lernen über Migration und Entwicklung neu beleben soll. Bitte melden Sie sich unter https://www.sid-hamburg.de/node/588 dazu an.

Migration und nachhaltige Entwicklung:
Risiken, Chancen und Handlungsmöglichkeiten: Antworten für die G20

Montag, 15. Mai 2017 – 18 Uhr
Museum für Völkerkunde, Rothenbaumchaussee 64, 20148 Hamburg

Zur G20 Präsidentschaft stellt die Bundesregierung Migration als globale Herausforderung in eine Reihe mit kriegerischen Konflikten, Terrorismus, Armut, Hunger, Klimawandel und Epidemien. Doch gehört Migration überhaupt in diese Negativreihe? Ist sie im Wesentlichen ein Problem, das es zu bekämpfen gilt? Oder bietet Migration auch Chancen für nachhaltige Entwicklung in den Aufnahme- und Herkunftsländern?

Krieg, Terror und Gewalt, aber auch mangelnde Zukunftsperspektiven und die Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen zwingt gegenwärtig so viele Menschen zur Flucht wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Nach einer heftigen Dürreperiode sind etwa 20 Millionen Menschen in Ostafrika und dem Nahen Osten von Hunger bedroht. Falls humanitäre Hilfe sie nicht erreicht, rettet nur die Flucht ihr Leben. Aber Migration ist teuer, deshalb verhindert Armut Migration.

Dass Migration sehr große Risiken birgt, sehen wir beinahe täglich im Mittelmeer. Diese Risiken werden in erster Linie von den Migranten selbst getragen – beim Auftreiben des benötigten Geldes, beim Besorgen der notwendigen Papiere, bei den Arbeitsbedingungen im Zielland und natürlich auf dem Weg dorthin.

Menschen, die migrieren, weil sie woanders berufliche Chancen suchen, verfügen über große wirtschaftliche und gesellschaftliche Potentiale. Nicht zuletzt deshalb sind die Regionen mit starker Zuwanderung schon immer Zentren von Produktivität und Innovation gewesen. Auch für die Herkunftsländer bietet Migration Chancen: etwa durch die Rücküberweisungen der Migranten,aber auch durch Transfer von Kentnissen und gemeinnützigem Engagement der Diasporen. Chancen für die Herkunftsländer bieten auch die neuen Kompetenzen, die Migranten im Zielland erwerben, ihre neuen Kenntnisse und Weltsichten.

Migration kann aber auch Chancen bieten – für die Migranten, für die Heimatländer und auch für die Zielländer. Doch die positiven Wirkungen treten nicht automatisch ein, sondern nur dann, wenn entsprechende Rahmenbedingungen vorliegen. Die Bedingungen für Migration so zu beeinflussen, dass sie es den Menschen ermöglichen, ihre Handlungsspielräume und die ihrer Angehörigen in ihren Gesellschaften zu vergrößern: Das wäre ein Ziel einer stimmigen Migrationspolitik. Daran mangelt es aber noch, die G20 arbeiten lieber an Instrumenten zur Abwehr.

Über diese und ähnlich Fragen möchten wir mit Ihnen und den Frauen auf dem Podium sprechen. Auf Twitter nutzen wir #MigrationWelcome. Die wichtigsten Ergebnisse werden wir an die Bundesregierung weiterleiten – in der Hoffnung, dass sie den Weg in die G20-Verhandlungen finden.

Bundesregierung will UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umsetzen

„Gemeinsam verantworten – Zukunft gestalten“

„Gerade in weltpolitisch schwierigen Zeiten ist verantwortungsvolle Nachhaltigkeitspolitik kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Erklärtes Ziel der gesamten Bundesregierung ist es, die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit ihren Partnern in Deutschland, Europa und der Welt ambitioniert umzusetzen,“ so heißt es in der Presseerklärung zur Erklärung „Gemeinsam Verantwortung wahrnehmen und Zukunft gestalten“, die der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung unter der Leitung des Chefs des Bundeskanzleramts Peter Altmaier am 24. April 2017 beschlossen hat.

Für alle, die für nachhaltige Entwicklung arbeiten, ist dieser Beschluss bedeutsam. Desegen hier der Wortlaut, zitiert nach dieser Quelle:

Gemeinsam Verantwortung wahrnehmen und Zukunft gestalten
Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung
Erklärung vom 24. April 2017

In der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2015 liegt ein klares Bekenntnis zur gemeinsamen Verantwortung aller Staaten, rund um den Globus für gute Lebensperspektiven heutiger und künftiger Generationen zu sorgen. Der Beschluss der Agenda 2030 hat gezeigt, dass ein globaler Schulterschluss in den zentralen Herausforderungen unserer Zeit möglich ist. Die nachhaltige Gestaltung unserer Welt ist gegenwärtig das ehrgeizigste Vorhaben, an dem sich alle Nationen beteiligen und dabei auf einem einzigartig legitimierten Konsens aufbauen können. Die Agenda 2030 eröffnet damit unschätzbare Kooperations- und Zukunftsperspektiven.

I.

Im April 1987 veröffentlichte die Brundtland-Kommission ihren wegweisenden Abschlussbericht. Darin definierte sie Nachhaltige Entwicklung als eine „Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“. Heute, 30 Jahre später, ergreifen immer mehr Staaten auf Grundlage der Agenda 2030 Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung. Damit stellt sich die internationale Staatengemeinschaft der größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts: Allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen ohne dabei unseren Planeten zu zerstören.

In vielen Bereichen erfordert dies einen grundlegenden Wandel unseres Handelns. Dieser Wandel verlangt uns viel ab. Er eröffnet aber auch ungeheure Chancen, wenn wir ihn mit Mut, Klugheit und Fantasie gemeinsam angehen. Gute Nachhaltigkeitspolitik setzt national und international erhebliche wirtschaftliche Potenziale frei, indem sie nachhaltige Innovationen und Investitionen in zukunftsträchtige Technologien und Unternehmen fördert und damit dauerhaft Arbeitsplätze schafft und sichert. Sie stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn wirtschaftliche Veränderungsprozesse mit sozialen Verbesserungen einhergehen, die sich am Gebot der Gerechtigkeit orientieren, Menschen in allen Lebensphasen einbeziehen, die Gleichstellung sichern und niemanden zurücklassen. Sie sichert die natürlichen Grundlagen unseres Lebens, indem sie die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten respektiert.

II.

Den Chancen und Fortschritten im Nachhaltigkeitsbereich steht eine Vielzahl krisenhafter Entwicklungen auf der Welt gegenüber. Teilweise wächst angesichts der anstehenden Veränderungen und der Komplexität der globalen Zusammenhänge der Wunsch nach einfachen und allein nationalstaatlichen Antworten.

Doch Hungersnöte, Pandemien, Finanzkrisen, Klimawandel, Terrorismus, Kriege und Flüchtlingsströme zeigen deutlich: Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind vielschichtig und machen vor unseren nationalen Grenzen nicht Halt. Viele aktuelle Krisen und Probleme liegen letztlich auch in der Nichtbeachtung des Prinzips einer nachhaltigen Entwicklung begründet. Das Verschieben unserer Aufgaben auf nachfolgende Generationen oder in andere Regionen der Welt ist ungerecht und kann langfristig keinen Erfolg haben. Nur mit einer Ausrichtung von Lebens- und Wirtschaftsweise auf eine nachhaltige Entwicklung kann dauerhaft Wohlstand geschaffen, Frieden erreicht und letztlich das Überleben der Menschen auf diesem Planeten gesichert werden.

Nachhaltigkeit ist die ebenso visionäre wie vernünftige Antwort auf die Frage nach einer gerechten Gestaltung der Globalisierung. Die Menschen auf der Welt verbindet weit mehr als sie trennt. Die Verantwortung für die Zukunft der Menschheit tragen wir alle gemeinsam; die Probleme dieser Welt werden wir nur zusammen lösen können–zum Wohle der heutigen und künftigen Generationen. Den Vereinten Nationen kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Aber auch die Europäische Union und andere Foren der Zusammenarbeit wie G7 / G20 können und müssen dazu wichtige Beiträge leisten.

Politik für eine nachhaltige Entwicklung erfordert deshalb gerade jetzt nicht weniger, sondern mehr Zusammenarbeit, lokal, regional, national und international. Weder verschweigt noch ignoriert sie die Komplexität der Welt und ihrer wissenschaftlichen Fakten, sondern erklärt sie ehrlich und trägt ihr mit anspruchsvollen, transparenten Lösungsansätzen Rechnung. Die Agenda 2030 eröffnet Akteuren die Möglichkeit, auf einer gemeinsam vereinbarten Grundlage neu zusammenzukommen und durch Erfolge bei ihrer Umsetzung Vertrauen zu- und ineinander aufzubauen; damit kann sie dazu beitragen, Konflikte zu bewältigen. Sie macht konkrete Fortschritte zu ihrem Maßstab und gewinnt so das Vertrauen der Menschen in die Glaubwürdigkeit und Lösungsfähigkeit des Staats.

III.

Die erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 ist gerade auch in weltpolitisch schwierigen Zeiten kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Neben der Bereitschaft zur internationalen Kooperation erfordert dies vor allem die Entwicklung und Umsetzung kraftvoller operativer Konzepte.

Nachhaltige Entwicklung muss als Leitprinzip der Politik auf lokaler, regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene bei Maßnahmen in sämtlichen Politikfeldern beachtet werden. Mit der Agenda 2030 verfügen wir dafür weltweit über einen Kompass, der alle Akteure einbezieht und ihnen eine gemeinsame Orientierung gibt.

Die von der Bundesregierung Anfang 2017 beschlossene Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der Agenda 2030 in, durch und mit Deutschland. Mit ihr reiht die Bundesregierung ihre Beiträge in die globalen Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung ein und nimmt ihre Verantwortung für die Auswirkungen unseres Handels innerhalb und jenseits der Landesgrenzen wahr. National wie international setzen wir uns für eine Politik der Verantwortung ein.

Wir sind fest entschlossen, gemeinsam mit unseren nationalen und internationalen Partnern unsere Welt nachhaltig zu gestalten, damit alle Menschen ein gutes Leben in einer intakten Umwelt führen können –heute und in Zukunft.

 

Die Eine Welt Internet Konferenz (EWIK) macht über das Internet Angebote zur entwicklungspolitischen Bildung

Karsten Weitzenegger vertritt die Gesellschaft für internationale Entwicklung (SID Hamburg) in der Eine Welt Internetkonferenz (EWIK).

Das Portal Globales Lernen der ist das zentrale deutschsprachige Internetangebot zum Globalen Lernen und zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Die Angebote der Gesellschaft für internationale Entwicklung werden dort deutschlandweit vernetzt.

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Die Eine Welt Internet Konferenz (EWIK) ist ein Zusammenschluss von Organisationen und Institutionen, die über das Internet Angebote zur entwicklungspolitischen Bildung machen. Aus dieser seit 1999 bestehenden Kooperation ist eine attraktive Online-Angebotsstruktur zum Globalen Lernen für alle Altersgruppen und Bildungseinrichtungen entstanden.

ewik-logo-302kb-1336pi-300dpi_0Die Eine Welt Internet Konferenz (EWIK) ist eine Arbeitsgemeinschaft, die für alle – auch Einzelpersonen – offen ist, sofern sie über ein eigenes Internet-Angebot im Bildungsbereich Eine Welt/ Globales Lernen/Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) verfügen (oder entwickeln wollen) und sich verpflichten, den VENRO-Kodex für entwicklungspolitische Öffentlichkeitsarbeit einzuhalten und innerhalb der EWIK aktiv mitzuarbeiten. Die in diesem Zusammenschluss kooperierenden Institutionen und Organisationen machen es sich zum Ziel, entwicklungspolitische Bildung, Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) durch den Einsatz des Internet zu fördern.

 

Hintergrund: SID Hamburg – Gesellschaft für internationale Entwicklung Hamburg e.V.

SID Hamburg ist ein gemeinnütziger Verein, der die entwicklungspolitischer Praxis mit Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft verbindet. SID Hamburg ist das norddeutsche Chapter des weltweiten Netzwerkes von SID, der seit 1957 aktiven Society for International Development. SID setzt sich weltweit für eine gleichberechtige, partizipative, friedliche und nachhaltige menschliche Entwicklung ein und ist aktiv in der Diskussion globaler Zukunftsfragen.

SID bietet eine Plattform für internationalen Dialog und Zusammenarbeit und versteht sich als Impulsgeber zu Fragen internationaler Entwicklung. SID fungiert als globaler Raum für Dialog und Vernetzung unter den verschiedenen Akteuren. Vor Ort stärkt SID den Wissensaustausch um Fragen der globalen Entwicklung und fördert den politischen Wandel hin zu Integrität, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung als Geschäftschancen

Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2016

Paris, 19.07.2016 (OECD) – Mit der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDG) verfügt die Welt nun über den ambitioniertesten, am breitesten gefächerten und universellsten Entwicklungsfahrplan der Geschichte. Um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern, muss die internationale Gemeinschaft deutlich mehr aufbringen als die rd. 135 Mrd. US‑$, die pro Jahr für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) bereitgestellt werden. Der Investitionsbedarf für die Umsetzung der SDG in Entwicklungsländern liegt Schätzungen zufolge zwischen 3,3 Bill. und 4,5 Bill. US‑$ pro Jahr. Für Maßnahmen zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf 1,5°C müssen bis 2020 allein von den Industriestaaten rd. 100 Mrd. US‑$ pro Jahr aufgewendet werden. Gleichzeitig verdeutlichen die neuen Ziele, dass die Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung nicht nur arme Länder, sondern uns alle betreffen. Um diese globalen, miteinander verknüpften Herausforderungen zu bewältigen, bedarf es der Kooperation einer Vielzahl verschiedener Akteure, wobei dem privaten Sektor eine entscheidende Rolle zukommt.

Investitionen in nachhaltige Entwicklung sind gut angelegt

Für die SDG sprechen überzeugende ökonomische Argumente. Der vorliegende Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2016 verdeutlicht, dass Investitionen in nachhaltige Entwicklung gut angelegt sind. Unternehmen, die Nachhaltigkeit in ihrem Geschäftsmodell verankern, sind profitabel und erfolgreich und erzielen positive Kapitalrenditen in Form von verringerten Risiken, Markt‑ und Portfoliodiversifizierung, höheren Einnahmen, geringeren Kosten und höherwertigen Produkten. Investitionen in Entwicklungsländern – selbst in den am wenigsten entwickelten Ländern – werden trotz ihrer Risiken zunehmend als Geschäftschancen wahrgenommen. Im Gegenzug tragen Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Infrastruktur, Innovationen und sozialen Dienstleistungen bei. Dieser Bericht untersucht fünf Ansätze, um das enorme Potenzial des privaten Sektors als Partner für die Umsetzung der SDG zu realisieren und für Investitionen in einem Umfang und mit der Qualität zu sorgen, wie sie zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung nötig sind.

Fünf Ansätze zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung

1. Ausländische Direktinvestitionen (ADI) sind die mit Abstand bedeutendste Quelle internationaler Kapitalzuflüsse in Entwicklungsländer und gelten als eine der entwicklungsfreundlichsten Formen privater Investitionen. Sie können Arbeitsplätze schaffen, die Produktionskapazitäten steigern, lokalen Unternehmen den Zugang zu neuen internationalen Märkten eröffnen und einen Technologietransfer bewirken, der positive langfristige Effekte mit sich bringen kann. Vielerorts wird erwartet, dass diese Kapitalströme bei der Schließung der SDG‑Finanzierungslücke eine entscheidende Rolle spielen werden. Der Handels‑ und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) zufolge könnten konzertierte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft helfen, bis 2030 eine Vervierfachung der ausländischen Direktinvestitionen zu erzielen, insbesondere in strukturschwachen Ländern. Es besteht jedoch Anlass zur Sorge, da sich die globalen Kapitalströme allmählich verlangsamen, während zugleich die ökonomische Vulnerabilität zunimmt. Kapitel 2 warnt vor den gravierenden negativen Auswirkungen, die eine Abschwächung oder gar Umkehr der mit ausländischen Direktinvestitionen verbundenen Kapitalströme sowohl für die Entwicklungsländer als auch für die internationalen Anlagemärkte haben könnte. Mit Entwicklungsstrategien, die auf den komplementären, sich gegenseitig verstärkenden Eigenschaften von privaten Investitionen und Entwicklungszusammenarbeit aufbauen, kann der Konjunkturabhängigkeit und Instabilität der ADI‑Trends entgegengewirkt werden.

2. Methoden der Mischfinanzierung (Blending), bei denen öffentliche Mittel strategisch eingesetzt werden, um beispielsweise risikomindernde Instrumente für private Investoren bereitzustellen, können eine bedeutende Steigerung der Investitionen in Entwicklung bewirken. Mischfinanzierung bietet ein enormes, weitgehend ungenutztes Potenzial für die Zusammenarbeit öffentlicher, philanthropischer und privater Akteure, um den Umfang der Investitionen in Entwicklungsländer erheblich auszuweiten. Sie kann Hemmnisse beseitigen, die private Investoren von einem Engagement in Sektoren und Ländern abhalten, in denen dringend mehr Investitionen benötigt werden. Um den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, muss in größerem Umfang auf Mischfinanzierung zurückgegriffen werden; dabei ist jedoch eine systematische Vorgehensweise erforderlich, mit der bestimmte Risiken vermieden werden. Kapitel 3 untersucht Möglichkeiten zur Nutzung von Entwicklungs‑ und philanthropischer Finanzierung zur Freisetzung von Ressourcen mit Hilfe von Blending‑Mechanismen, die das Potenzial haben, Wirtschaft und Gesellschaft und damit auch das Leben der Menschen grundlegend zu verändern. Dabei wird festgestellt, dass das Konzept der Mischung von öffentlicher und privater Finanzierung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zwar nicht neu ist, bislang aber nur eine unwesentliche Rolle gespielt hat.

3. Kapitel 4 dieses Berichts beschreibt die gegenwärtig laufenden Arbeiten zur Beobachtung und Messung der mobilisierenden Wirkung, die Interventionen des öffentlichen Sektors auf die private Investitionstätigkeit haben. Dies wird voraussichtlich ein wesentliches Element des neuen Konzepts der „Öffentlichen Gesamtleistung zur Förderung nachhaltiger Entwicklung“ (Total Official Support for Sustainable Development – TOSSD) bilden. Diese Messgröße wird wichtige Informationen über Finanzierungsstrategien und Best Practices liefern, um die Einwerbung von Entwicklungsfinanzierung zur Förderung der SDG zu unterstützen. Eine kürzlich erschienene OECD‑Studie bestätigte, dass die Erfassung und Messung von Daten zum direkten Mobilisierungseffekt von Bürgschaften, Konsortialkrediten und Beteiligungen an gemeinsamen Anlageinstrumenten möglich ist. Gegenwärtig werden weitere Arbeiten durchgeführt, um ähnliche Methoden für andere Finanzinstrumente zu entwickeln. Es bleibt jedoch noch viel zu tun, insbesondere bei der Entwicklung von Möglichkeiten zur Messung der indirekten bzw. Katalysatoreffekte öffentlicher Interventionen im Hinblick auf die Verwirklichung der globalen Ziele und die Bewältigung des Klimawandels. Im Interesse der Kohärenz koordiniert die OECD ihre Anstrengungen in diesem Bereich mit denen anderer Foren.

4. Wirklich nachhaltig und inklusiv ist Entwicklung dann, wenn sie allen Bürgern zugutekommt – vor allem jenen, die besonders bedürftig, marginalisiert und gefährdet sind. In den vergangenen zehn Jahren wurde mit dem wirkungsorientierten Investieren ein innovativer Ansatz entwickelt, um die ärmsten und marginalisiertesten Bevölkerungsgruppen weltweit stärker von der Tätigkeit von Unternehmen profitieren zu lassen. Unternehmen, die messbare soziale ebenso wie finanzielle Erträge erwirtschaften, können für mehr Wirksamkeit, Innovation und Rechenschaftspflicht bei Entwicklungsanstrengungen sorgen und deren Umfang erhöhen. Öffentliche Mittel können dazu eingesetzt werden, entsprechende Investitionen durch Risikoteilung sowie die Förderung eines tragfähigen Geschäftsumfelds, insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern und in Postkonfliktsituationen, zu steigern und zu unterstützen. Diese neuen Geschäftsmodelle können bestehende ergänzen, vor allem in Bereichen, an denen Unternehmen traditionell geringes Interesse zeigen, die für arme Bevölkerungsgruppen aber von essenzieller Bedeutung sind, wie z.B. Bildungs‑ und Gesundheitswesen sowie Sozialdienstleistungen.

5. Um zu gewährleisten, dass die entwicklungsfördernden Anstrengungen der Unternehmen keine schädlichen Nebenwirkungen haben, muss der private Sektor denselben internationalen Transparenz‑ und Rechenschaftsstandards unterliegen wie alle anderen Akteure. Kapitel 6 befasst sich mit den Grundsätzen und Standards verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns sowie den Möglichkeiten, die sie Unternehmen bieten, um den Unternehmenserfolg zu steigern und zugleich positive Ergebnisse für die Bevölkerung und den Planeten zu erzielen. Unternehmen und staatliche Akteure spielen bei der Umsetzung, Förderung und Unterstützung verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns komplementäre Rollen. Die OECD‑Leitsätze für multinationale Unternehmen helfen, ihre Aktion zu optimieren, indem sie die Entwicklung verantwortungsvoller und rechenschaftspflichtiger Geschäftspraktiken unterstützen. So kann gewährleistet werden, dass steigende Investitionen mit einer entsprechend größeren unternehmerischen Qualität zur Realisierung gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Nutzeffekte einhergehen.

Der vorliegende Bericht liefert Beispiele dafür, wie die OECD den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördert und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit schafft. Zudem stellt er Praxisbeispiele vor, die zeigen, wie sich Unternehmen bereits für die Förderung nachhaltiger Entwicklung und inklusiven Wachstums in Entwicklungsländern einsetzen. Gerade in der heutigen, von Globalisierung, raschem technischem Fortschritt und Ressourcenwettbewerb geprägten Zeit gilt, dass es den Unternehmen nur dann wirklich gut gehen kann, wenn es auch der Welt gut geht.

Mehr dazu: http://www.weitzenegger.de/content/?p=28918