OECD-Leitlinien: Sorgfaltspflicht entlang der Bekleidungs- und Schuhlieferkette
Der Bekleidungs- und Schuhsektor beschäftigt Millionen gering qualifizierter Arbeitskräfte – viele von ihnen Frauen – und fungiert in zahlreichen Ländern als Einstieg in die reguläre Wirtschaft. Die Unternehmen haben hier die Chance, Wachstum und Beschäftigung zu generieren und zur Kompetenzentwicklung beizutragen. Tatsächlich sind aber Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen sowie Umweltschädigungen durch Unternehmen in der gesamten Lieferkette weit verbreitet.
Die „OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains in the Garment and Footwear Sector“ unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung der OECD-Empfehlungen zur Sorgfaltspflicht entlang der Bekleidungs- und Schuhlieferketten, um mögliche negative Auswirkungen ihrer Aktivitäten zu vermeiden. Die Leitlinien sind praxisorientiert und konzentrieren sich auf kooperative und konstruktive Ansätze für komplexe Sachverhalte.
Direktzugang zur Online-Ausgabe:
—————————————————–
OECD-Quiz: Frauen in der Arbeitswelt
Sechs Fragen zu Beschäftigung, Unternehmertum und Digital Economy in OECD-Ländern.
Neuer Standard für nachhaltige Beschaffung – ISO 20400

Die Internationale Organisation für Normung (ISO) brachte im April 2017 nach vierjähriger Erarbeitungszeit erstmals einen internationalen Standard für nachhaltige Beschaffung heraus.

Der ISO-Standard 20400 soll private und öffentliche Organisationen dabei unterstützen, die Beschaffung bzw. den Einkauf nachhaltiger auszugestalten – sowohl auf der strategischen als auch auf der operativen Ebene. Dabei werden neben der ökologischen Nachhaltigkeit auch Aspekte der sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit adressiert. Durch eine nachhaltige Ausrichtung der Beschaffung übernehmen Organisationen Verantwortung für ihre Lieferkette. Der Standard für nachhaltige Beschaffung unterstützt einerseits konkret darin, finanzielle, ökologische und Reputationsrisiken entlang der Lieferkette zu verhindern. Andererseits gibt er Hinweise, wie Nachhaltigkeitskriterien (verpflichtend/optional) festgelegt und diese in den Ausschreibungsprozess integriert werden können, der Lieferant ausgewählt sowie letztlich die Auftragsausführung gestaltet werden kann.

Die ISO 20400 ist ein Leitfaden zur nachhaltigen Beschaffung, jedoch kein Standard nach dem sich Organisationen zertifizieren lassen können. Sie ergänzt den Standard ISO 26000 zur gesellschaftlichen Verantwortung und ist gegenwärtig in englischer sowie französischer Sprache erhältlich: https://www.iso.org/obp/ui#iso:std:iso:20400:ed-1:v1:en

Schritt für Schritt zum nachhaltigen Lieferkettenmanagement

Die wesentlichen Umweltauswirkungen von Unternehmen entstehen oftmals nicht am Standort selbst, sondern in den teils weit verzweigten Lieferketten. Unternehmen befassen sich daher verstärkt mit den ökologischen und sozialen Auswirkungen in ihrer Lieferkette, entweder aus eigenem Engagement heraus oder weil Kunden, Investoren und andere Interessensgruppen mehr Nachhaltigkeit einfordern. Ein neuer Praxisleitfaden des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes bietet nun Hilfestellungen und soll vor allem kleine und mittlere Unternehmen unterstützen. Ein Praxistipp: Betriebe sollten auf ihren bestehenden Strukturen und Prozessen aufbauen und die Anforderungen an ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement schrittweise integrieren.

Links

Publikationen

Quelle: Umweltbundesamt

Wie geht es weiter mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien?

Das Bündnis für nachhaltige Textilien (BnT, kurz: Textilbündnis) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen und Organisationen mit dem Ziel, die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Textilindustrie in Niedriglohnländern zu verbessern. Die Initiative wurde im Oktober 2014 unter Federführung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegründet und ist eine Reaktion auf den Einsturz einer Textilfabrik in Sabhar, Bangladesch, in welcher viele internationale Textilkonzerne ihre Produkte fertigen ließen.

Ziele und Stand des Textilbündnisses

Offizielles_Logo_-_tex_rgb150_deZiel des Bündnisses für nachhaltige Textilien ist es, die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit entlang der gesamten Textilkette kontinuierlich zu verbessern. Nach langer Konfrontation der Anspruchsgruppen hat die Bundesregierung damit eine beispielhafte Multi-Stakeholder-Initiative aus Unternehmen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft zur Durchsetzung von Umwelt- und Sozialstandards zusammen geführt. Ein Durchbruch war der Beitritt fast aller deutschen Unternehmen der Branche.

Die Beteiligten haben sich auf Bündnisstandards verständigt, um zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern der Textil- und Bekleidungsindustrie beizutragen. Bei der Verfolgung der sozialen und ökologischen Ziele wird der Aspekt der Wirtschaftlichkeit von Unternehmen maßgeblich berücksichtigt. Auch Grenzen der Machbarkeit, im Besonderen von kleinen und mittelständischen Unternehmen, werden beachtet.

Der Erfolgsdruck stieg, als das Textilbündnis im November 2016 sogar in die deutschen Nachhaltigkeitststrategie einbezogen wurde. Der Umsatzanteil der Mitglieder des Textilbündnisses am deutschen Textil- und Bekleidungsmarkt ist nun ein Indikator, um nachhaltige Entwicklung weltweit zu messen. Derzeit beträgt der Anteil der Mitglieder bereits mehr als die Hälfte. Wesentlich ist jedoch, welche Verbesserungen durch das Textilbündnis für die Arbeiterinnen in der Textilindustrie erreicht werden. Hierfür ist noch nichts bewirkt worden. Das Textilbündnis wurde in April 2016 im Bundestag entsprechend kontrovers bewertet.

Dabei ist derzeit die Definition der Umsetzungsanforderungen für die sozialen und ökologischen Standards und deren Bewertung noch nicht abgeschlossen. Das System für das Monitoring, Reporting und den Reviewprozess des BnT ist erst am entstehen. Im Rahmen des mühselig vereinbarten Review-Prozesses müssen alle Mitglieder bis Ende Januar 2017 auf Grundlage der individuellen Ausgangslagen eigene Roadmaps mit Zielsetzungen erstellt haben. Als inhaltliche Grundlage haben die drei Fach-Arbeitsgruppen Sozialstandards und existenzsichernde Löhne, Chemikalien- und Umweltmanagement sowie Naturfasern Schlüsselfragen und Indikatoren definiert, mit deren Hilfe die Mitglieder ihre Ausgangslage erheben. Die Umsetzung in 2017 gilt als „Jahr des Übens„. Anfang 2018 wird die Erfüllung der Ziele durch eine unabhängige Dritte Instanz überprüft und verifiziert.

Otto Group und Seidensticker steuern Textilbündnis mit

Nachdem sie die Entwicklung des Textilbündnisses tatkräftig unterstützt hat, ist die Otto Group 2015 in den Steuerungskreis gewählt worden. Der Steuerungskreis des Bündnisses für nachhaltige Textilien hat vier neue Mandate verteilt, darunter an den Einzelhandelskonzern Otto Group sowie das Unternehmen Textilkontor Walter Seidensticker.

Ebenfalls mit von der Partie sind die Verbände HDE und Textil + Mode. „Mit der Wahl des neuen Steuerungskreises stellt das Textilbündnis die Weichen für die Zukunft der Initiative“, so Andreas Streubig, Bereichsleiter Corporate Responsibility der Otto Group. Im Juni hatte die Otto Group ihren Beitritt in das Textilbündnis der Bundesregierung angekündigt und gleichzeitig eine internationale Ausweitung des Büdnisses gefordert.

Erfolgsfaktoren

Als Erfolgsfaktoren für das Textilbündnis sehe ich:

  • Strukturelle Veränderungen in den Produktionsländern können nur gemeinsam vom Bündnis angegangen werden, nicht von einzelnen Unternehmen.
  • Es werden nur glaubwürdige Verifizierungssysteme als Nachweis für die Erfüllung der sozialen und ökologischen Standards anerkannt (hoher Grad an Transparenz und Wirkungsmessung sowie Multistakeholder-Ansatz).
  • Die Berichterstattung der Unternehmen stellt die Wirkung der Umsetzungsmaßnahmen in den Produktionsländern, bezogen auf die sozialen und ökologischen Bündnisziele dar.
  • Die öffentliche Berichterstattung der Unternehmen ermöglicht eine belastbare Bewertung der Unternehmensperformance bezogen auf ökologische und soziale Standards.
  • Maßnahmen zur Umsetzung in den öffentlichen Beschaffungsprozessen folgen.
  • Wirksame Sanktionen gegenüber Unternehmen zum Beispiel im Rahmen des CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes, werden eingeführt und Straf- und Bußgeldsanktionen angehoben.

Risiken

Als Herausforderungen sehe ich derzeit:

  • Eine Standardentwicklung dauert mehrere Jahre, weil die gesamte Lieferkette mit Anbau, Spinnerei, Färberei usw. einbezogen werden muss.
  • Wesentliche Faktoren (z.B. Existenzsichernde Löhne, Arbeitssicherheit, Wassermanagement) müssen parallel durch internationale Standards fixiert werden.
  • Fairtrade und andere haben bereits die Kriterien im Umwelt- und im Sozialbereich vorangebracht. Dies darf nicht gedoppelt oder unterlaufen werden.
  • Wenn die Standards gesenkt werden, können umstrittene Discounter Mitglied bleiben, aber ambitionierte Unternehmen haben geringeren Nutzen oder steigen aus, wie bereits geschehen.
  • Firmen könnten einzelne Produkte auf fair umstellen – und nicht ihre ganze Produktion.
  • Das BnT ist von den Anspruchsgruppen aus Deutschland dominiert, während Lösungen in einer derart globalisierten Branche nur international gefunden werden können. Die Ziele sind im internationalen Kontext zu positionieren, bleibt die große Herausforderung.
OECD/FAO-Leitfaden für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten

Unternehmen, die entlang landwirtschaftlicher Lieferketten tätig sind, stehen vor besonderen Herausforderungen. Wie können sie sicherstellen, dass ihre Geschäftstätigkeiten keine negativen Auswirkungen haben und zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen? Welche Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln gibt es und wie können sie eingehalten werden?

Der „OECD/FAO-Leitfaden für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten“ richtet sich an alle involvierten Unternehmen. Er deckt die vor- und nachgelagerten Bereiche der Landwirtschaft ab – von der Bereitstellung landwirtschaftlicher Vorleistungen über Produktion, Nacherntebehandlung, Verarbeitung und Transport bis hin zu Marketing, Vertrieb und Verkauf. Darüber hinaus behandelt er Risikobereiche wie Menschenrechte, Arbeitsrechte, Gesundheit und Sicherheit.

Die OECD und die FAO haben diesen Leitfaden entwickelt, um Unternehmen zu helfen, Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln einzuhalten und Due-Diligence-Prüfungen entlang landwirtschaftlicher Lieferketten durchzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass ihre Geschäftstätigkeit keine negativen Auswirkungen verursacht und zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Der Leitfaden besteht aus:

  • einem Muster zur Unternehmenspolitik, das die Standards skizziert, die Unternehmen einhalten sollten, um verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten aufzubauen;
  • einem Rahmen für risikoabhängige Due-Diligence-Prüfungen, der die fünf Stufen beschreibt, die Unternehmen befolgen sollten, um die negativen Effekte ihrer Geschäftstätigkeit zu identifizieren, zu evaluieren, zu mindern und Rechenschaft darüber abzulegen, wie sie diesen Effekten begegnen;
  • einer Beschreibung der größten Risiken, denen sich Unternehmen gegenübersehen, sowie der Maßnahmen zur Minderung dieser Risiken;
  • einem Leitfaden für die Zusammenarbeit mit indigenen Bevölkerungsgruppen.

Direktzugang zur Online-Ausgabe:
www.oecd-ilibrary.org/agriculture-and-food/oecd-fao-leitfaden-fur-verantwortungsvolle-landwirtschaftliche-lieferketten_9789264261235-de

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung als Geschäftschancen

Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2016

Paris, 19.07.2016 (OECD) – Mit der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDG) verfügt die Welt nun über den ambitioniertesten, am breitesten gefächerten und universellsten Entwicklungsfahrplan der Geschichte. Um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern, muss die internationale Gemeinschaft deutlich mehr aufbringen als die rd. 135 Mrd. US‑$, die pro Jahr für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) bereitgestellt werden. Der Investitionsbedarf für die Umsetzung der SDG in Entwicklungsländern liegt Schätzungen zufolge zwischen 3,3 Bill. und 4,5 Bill. US‑$ pro Jahr. Für Maßnahmen zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf 1,5°C müssen bis 2020 allein von den Industriestaaten rd. 100 Mrd. US‑$ pro Jahr aufgewendet werden. Gleichzeitig verdeutlichen die neuen Ziele, dass die Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung nicht nur arme Länder, sondern uns alle betreffen. Um diese globalen, miteinander verknüpften Herausforderungen zu bewältigen, bedarf es der Kooperation einer Vielzahl verschiedener Akteure, wobei dem privaten Sektor eine entscheidende Rolle zukommt.

Investitionen in nachhaltige Entwicklung sind gut angelegt

Für die SDG sprechen überzeugende ökonomische Argumente. Der vorliegende Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit 2016 verdeutlicht, dass Investitionen in nachhaltige Entwicklung gut angelegt sind. Unternehmen, die Nachhaltigkeit in ihrem Geschäftsmodell verankern, sind profitabel und erfolgreich und erzielen positive Kapitalrenditen in Form von verringerten Risiken, Markt‑ und Portfoliodiversifizierung, höheren Einnahmen, geringeren Kosten und höherwertigen Produkten. Investitionen in Entwicklungsländern – selbst in den am wenigsten entwickelten Ländern – werden trotz ihrer Risiken zunehmend als Geschäftschancen wahrgenommen. Im Gegenzug tragen Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Infrastruktur, Innovationen und sozialen Dienstleistungen bei. Dieser Bericht untersucht fünf Ansätze, um das enorme Potenzial des privaten Sektors als Partner für die Umsetzung der SDG zu realisieren und für Investitionen in einem Umfang und mit der Qualität zu sorgen, wie sie zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung nötig sind.

Fünf Ansätze zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung

1. Ausländische Direktinvestitionen (ADI) sind die mit Abstand bedeutendste Quelle internationaler Kapitalzuflüsse in Entwicklungsländer und gelten als eine der entwicklungsfreundlichsten Formen privater Investitionen. Sie können Arbeitsplätze schaffen, die Produktionskapazitäten steigern, lokalen Unternehmen den Zugang zu neuen internationalen Märkten eröffnen und einen Technologietransfer bewirken, der positive langfristige Effekte mit sich bringen kann. Vielerorts wird erwartet, dass diese Kapitalströme bei der Schließung der SDG‑Finanzierungslücke eine entscheidende Rolle spielen werden. Der Handels‑ und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) zufolge könnten konzertierte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft helfen, bis 2030 eine Vervierfachung der ausländischen Direktinvestitionen zu erzielen, insbesondere in strukturschwachen Ländern. Es besteht jedoch Anlass zur Sorge, da sich die globalen Kapitalströme allmählich verlangsamen, während zugleich die ökonomische Vulnerabilität zunimmt. Kapitel 2 warnt vor den gravierenden negativen Auswirkungen, die eine Abschwächung oder gar Umkehr der mit ausländischen Direktinvestitionen verbundenen Kapitalströme sowohl für die Entwicklungsländer als auch für die internationalen Anlagemärkte haben könnte. Mit Entwicklungsstrategien, die auf den komplementären, sich gegenseitig verstärkenden Eigenschaften von privaten Investitionen und Entwicklungszusammenarbeit aufbauen, kann der Konjunkturabhängigkeit und Instabilität der ADI‑Trends entgegengewirkt werden.

2. Methoden der Mischfinanzierung (Blending), bei denen öffentliche Mittel strategisch eingesetzt werden, um beispielsweise risikomindernde Instrumente für private Investoren bereitzustellen, können eine bedeutende Steigerung der Investitionen in Entwicklung bewirken. Mischfinanzierung bietet ein enormes, weitgehend ungenutztes Potenzial für die Zusammenarbeit öffentlicher, philanthropischer und privater Akteure, um den Umfang der Investitionen in Entwicklungsländer erheblich auszuweiten. Sie kann Hemmnisse beseitigen, die private Investoren von einem Engagement in Sektoren und Ländern abhalten, in denen dringend mehr Investitionen benötigt werden. Um den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, muss in größerem Umfang auf Mischfinanzierung zurückgegriffen werden; dabei ist jedoch eine systematische Vorgehensweise erforderlich, mit der bestimmte Risiken vermieden werden. Kapitel 3 untersucht Möglichkeiten zur Nutzung von Entwicklungs‑ und philanthropischer Finanzierung zur Freisetzung von Ressourcen mit Hilfe von Blending‑Mechanismen, die das Potenzial haben, Wirtschaft und Gesellschaft und damit auch das Leben der Menschen grundlegend zu verändern. Dabei wird festgestellt, dass das Konzept der Mischung von öffentlicher und privater Finanzierung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zwar nicht neu ist, bislang aber nur eine unwesentliche Rolle gespielt hat.

3. Kapitel 4 dieses Berichts beschreibt die gegenwärtig laufenden Arbeiten zur Beobachtung und Messung der mobilisierenden Wirkung, die Interventionen des öffentlichen Sektors auf die private Investitionstätigkeit haben. Dies wird voraussichtlich ein wesentliches Element des neuen Konzepts der „Öffentlichen Gesamtleistung zur Förderung nachhaltiger Entwicklung“ (Total Official Support for Sustainable Development – TOSSD) bilden. Diese Messgröße wird wichtige Informationen über Finanzierungsstrategien und Best Practices liefern, um die Einwerbung von Entwicklungsfinanzierung zur Förderung der SDG zu unterstützen. Eine kürzlich erschienene OECD‑Studie bestätigte, dass die Erfassung und Messung von Daten zum direkten Mobilisierungseffekt von Bürgschaften, Konsortialkrediten und Beteiligungen an gemeinsamen Anlageinstrumenten möglich ist. Gegenwärtig werden weitere Arbeiten durchgeführt, um ähnliche Methoden für andere Finanzinstrumente zu entwickeln. Es bleibt jedoch noch viel zu tun, insbesondere bei der Entwicklung von Möglichkeiten zur Messung der indirekten bzw. Katalysatoreffekte öffentlicher Interventionen im Hinblick auf die Verwirklichung der globalen Ziele und die Bewältigung des Klimawandels. Im Interesse der Kohärenz koordiniert die OECD ihre Anstrengungen in diesem Bereich mit denen anderer Foren.

4. Wirklich nachhaltig und inklusiv ist Entwicklung dann, wenn sie allen Bürgern zugutekommt – vor allem jenen, die besonders bedürftig, marginalisiert und gefährdet sind. In den vergangenen zehn Jahren wurde mit dem wirkungsorientierten Investieren ein innovativer Ansatz entwickelt, um die ärmsten und marginalisiertesten Bevölkerungsgruppen weltweit stärker von der Tätigkeit von Unternehmen profitieren zu lassen. Unternehmen, die messbare soziale ebenso wie finanzielle Erträge erwirtschaften, können für mehr Wirksamkeit, Innovation und Rechenschaftspflicht bei Entwicklungsanstrengungen sorgen und deren Umfang erhöhen. Öffentliche Mittel können dazu eingesetzt werden, entsprechende Investitionen durch Risikoteilung sowie die Förderung eines tragfähigen Geschäftsumfelds, insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern und in Postkonfliktsituationen, zu steigern und zu unterstützen. Diese neuen Geschäftsmodelle können bestehende ergänzen, vor allem in Bereichen, an denen Unternehmen traditionell geringes Interesse zeigen, die für arme Bevölkerungsgruppen aber von essenzieller Bedeutung sind, wie z.B. Bildungs‑ und Gesundheitswesen sowie Sozialdienstleistungen.

5. Um zu gewährleisten, dass die entwicklungsfördernden Anstrengungen der Unternehmen keine schädlichen Nebenwirkungen haben, muss der private Sektor denselben internationalen Transparenz‑ und Rechenschaftsstandards unterliegen wie alle anderen Akteure. Kapitel 6 befasst sich mit den Grundsätzen und Standards verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns sowie den Möglichkeiten, die sie Unternehmen bieten, um den Unternehmenserfolg zu steigern und zugleich positive Ergebnisse für die Bevölkerung und den Planeten zu erzielen. Unternehmen und staatliche Akteure spielen bei der Umsetzung, Förderung und Unterstützung verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns komplementäre Rollen. Die OECD‑Leitsätze für multinationale Unternehmen helfen, ihre Aktion zu optimieren, indem sie die Entwicklung verantwortungsvoller und rechenschaftspflichtiger Geschäftspraktiken unterstützen. So kann gewährleistet werden, dass steigende Investitionen mit einer entsprechend größeren unternehmerischen Qualität zur Realisierung gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Nutzeffekte einhergehen.

Der vorliegende Bericht liefert Beispiele dafür, wie die OECD den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren im Bereich der nachhaltigen Entwicklung fördert und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit schafft. Zudem stellt er Praxisbeispiele vor, die zeigen, wie sich Unternehmen bereits für die Förderung nachhaltiger Entwicklung und inklusiven Wachstums in Entwicklungsländern einsetzen. Gerade in der heutigen, von Globalisierung, raschem technischem Fortschritt und Ressourcenwettbewerb geprägten Zeit gilt, dass es den Unternehmen nur dann wirklich gut gehen kann, wenn es auch der Welt gut geht.

Mehr dazu: http://www.weitzenegger.de/content/?p=28918

Ein wettbewerbsfähiger und nachhaltiger Tourismussektor braucht eine wirksame Politikstrategie, so die OECD

10/3/2016 (OECD) – Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage in den entwickelten Wirtschaftsnationen wuchs der Tourismussektor in den OECD Ländern weiterhin stark und übertraf sogar das globale Tourismuswachstum. Die Politik muss jedoch sicherstellen, dass durch innovative und integrative Strategien der Tourismus auch weiterhin wettbewerbsfähig und nachhaltig bleibt.

Im neuen OECD Bericht Tourism Trends and Policies 2016 zeigt sich, dass die OECD Länder mit einem Anteil von über 60 % an den weltweiten Fremdenverkehrseinnahmen die beliebtesten Reiseziele der Welt bleiben. Das Wachstum an Ankünften zu touristischen Zwecken konnte 2014 in den OECD- Ländern mit 6.4 % glänzen, während es weltweit nur 4.2 % betrug. Zukünftig wird ein dynamischeres Wachsen neuer Reiseziele erwartet, welches auch künftig von geopolitischen Veränderungen beeinflusst wird.

Innerhalb der OECD-Länder blieb Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig. Im Durchschnitt machte er 4.1% des BIP und 5.9% der Beschäftigung aus. Zudem trägt er mit 21.3% zu den Dienstleistungsexporten bei. Tourismus hilft damit den Arbeitsmarkt zu stabilisieren und konnte gerade in den von Krisen geschüttelten Ländern wie Spanien, Griechenland und Portugal, den relativen Anteil der Beschäftigten zwischen 2008 und 2014 ausbauen.

“Tourismus ist und bleibt einer der am schnellsten wachsenden Sektoren der Weltwirtschaft. Es gewährt Beschäftigung, wirtschaftliches Wachstum, Exporteinnahmen und inländische Wertschöpfung.“ sagte der stellvertretende Generalsekretär der OECD, Stefan Kapferer, als er den Bericht auf der internationalen Tourismus Messe ITB in Berlin präsentierte.

Zwei Kapitel des Berichts OECD Tourism Trends and Policies 2016 analysieren die Rolle des Transports bei der Förderung des Besucher-Erlebnisses und die sich bietenden Chancen und Herausforderungen der Sharing Economy im Tourismus.

Der Verkehrssektor schafft entscheidende Voraussetzungen für den Tourismus. Er sollte gut auf die Ansprüche der Tourismusindustrie abgestimmt sein. Der Bericht empfiehlt die Zusammenarbeit von der Verkehrs- und Tourismuspolitik zu verbessern, damit die strategische Verkehrsplanung die Entwicklung des Tourismus optimal unterstützt.

Die “Sharing Economy“ wuchs in den vergangenen Jahren exponentiell, wobei Vieles davon in der Tourismusbranche stattfand. Um von diesem Trend profitieren zu können, werden sich die Regierungen mit Fragen zu Konsumentenschutz, Regulierung und Besteuerung beschäftigen müssen. Der Bericht empfiehlt die entsprechenden Regelungen und Gesetze zu überprüfen und zweckmäßig zu modernisieren.

Für weitere Informationen über die OECD Arbeit zum Tourismus, besuchen sie bitte www.oecd.org/berlin/publikationen/oecd-tourism-trends-and-policies-2016.

Ausbeutung von Textilarbeiterinnen in Bangladesch ist weiter in Mode

Hamburg, 05.11.2014 | Das Eine Welt Netzwerk Hamburg sprach mit der Aktivistin und Forscherin Dr. Samina Luthfa über die aktuelle Situation der Textilarbeiterinnen und deren Zukunftsperspektive in Bangladesch. Die Lage der Textilarbeiterinnen in Bangladesch ist immer noch prekär. Internationaler Druck hilft und muss von NRO und Gewerkschaften verstetigt werden. Problem ist das Versagen des Staates und des Arbeitgeberverbandes.

Die Soziologin der Universität Dhaka ist auf Einladung des Entwicklungsforums Bangladesch e.V. http://www.entwicklungsforum-bangladesh.org in Deutschland, um die Arbeitsbedingungen der globalisierten Textilindustrie bekannt zu machen und um Verbündete im Kampf für verbindliche internationale Arbeits- und Sozialstandards zu gewinnen.


Wo ist der Staat, wenn Hilfe gebraucht wird? Fabrikeinsturz in Sabhar am 24. April 2013.
Foto: rijans
Flickr
https://www.flickr.com/people/40831205@N02

EWNW: Wir erinnern uns an die schockierenden Bilder im April 2013 vom Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Sabhar, einem Vorort von Dhaka. Funde belegen, dass dort Hersteller produzieren ließen, die auch in deutschen Läden Textilien anbieten. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der mehr als 1100 Getöteten und den 2500 Verletzten. Wie geht es diesen Menschen jetzt?

Samina Luthfa: Die Rehabilitierung der Verletzten war sehr schwierig gewesen. Es gibt nicht einmal eine vollständige Liste der Opfer. Der Staat zeigt überhaupt keine Verantwortung. Bereits am Tag der Katastrophe waren die staatlichen Stellen überfordert. Außer der örtlichen Feuerwehr und der Zivilverteidigung kamen keine geschulten Einsatzkräfte an die Unglücksstelle. Das Militär war da. Aber sie hatten keine geeigneten Geräte zur Bergung der Opfer. Tausende Menschen kamen spontan zur Hilfe, bargen Opfer, versorgten die Verletzten und räumten Trümmer. Niemand war dafür qualifiziert.

Hunderte Näherinnen verloren Gliedmaßen. Viele werden nie mehr arbeiten können. Überlebende und auch Helfende sind traumatisiert, bräuchten psychologische Behandlung, für die sie aber kein Geld haben. Sie gehen nicht zum Arzt, sondern kaufen Antidepressiva auf dem Markt. Vorgestern starb eine Arbeiterin an den Folgen eines nicht behandelten Leberrisses. Viele erhielten kein Geld, da sie vom Arzt nicht als verletzt deklariert wurden.

Die Opfer und Hinterbliebenen sollen angemessene Entschädigungszahlungen durch das Rana Plaza-Arrangement erhalten. Kommt das wirklich an?

Die vielen Hilfsgelder kommen in meisten Fällen nicht an. Zahlreiche meist neu gegründete NGOs haben Spendenmittel bekommen, aus dem Arrangement und viel auch von der Diaspora, aber das ist für die Opfer nicht transparent. Wir fragen uns, wo das Geld ist.

Am Tag nach dem Einsturz war ich mit meinem Forschungsteam auf dem ebenfalls einsturzgefährdeten Nebengebäude. Wir sahen, wie dicht die Stockwerke nebenan zusammengefaltet waren. Die Erinnerung an den Leichengestank kommt mir immer wieder hoch. Wir fanden herübergewehte Personalakten. Dort war die Anwesenheit der Näherinnen genau verzeichnet, sogar mit Datum der letzten Menstruation. Offenbar mussten alle Näherinnen bei Eintritt gleich ihre Kündigung unterschreiben, wobei der Arbeitgeber hinterher das Datum einsetzen kann. Wir haben die Unterlagen gesichert und den Behörden übergeben. Einige Unternehmen behaupten immer noch, keine Personallisten gehabt zu haben.

Ich traf einen 22-jährigen Freiwilligen, der die Identifizierung der Toten allein organsierte. Er ließ die Leichen im Schulhof nebenan stapeln und führte Angehörige hindurch. Er hat das großartig organisiert, aber niemand hilft ihm, diese traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Manche Angehörigen haben ihre Toten mitgenommen, viele Leichen wurden aber auch anonym bestattet. Ohne Totenschein gibt es aber keine Entschädigungszahlungen. Die für DNA-Analysen zuständige Stelle kommt mit der Identifizierung nicht hinterher. Noch immer werden ca. 112 Personen vermisst. Es wurden ca.300 identifizierte Leichen bestattet. Die Regierung zahlt jetzt für DNA-Analysen der Überreste. Sie leistet aber nicht annähernd, was ein Staat tun muss.

Wie hat sich die Lage in den Textilfabriken in Bangladesch seit Rana Plaza verbessert?

Die neuen internationalen Vereinbarungen sind der richtige Weg. Im weltweiten Textilmarkt wird die soziale Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette im Rahmen von von Corporate Social Responsibility (CSR) stärker in den Vordergrund gestellt. Die Industrie kann nur wachsen, wenn sie die Standards erfüllt. Die kleinen informellen Nähereien mit ihren prekären Zuständen werden vom Markt gedrängt werden.

Der Arbeitgeberverband Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) wird seiner Verantwortung auch nicht gerecht. Der Verband bekämpft den Bangladesch Accord als imperialistische Einmischung in nationale Angelegenheiten. Die Arbeitgeber haben nicht verstanden, dass Sozialstandards zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen und ihrer Branche nützen würden.

Als die lokale Polizei und verantwortlichen Ingenieure am Tag vor der Katastrophe das Gebäude wegen der Risse in den Betonwänden sperren wollte, zwangen die Unternehmen die Angestellten zur Arbeit hinein. Begründung: Wer auch nur einen Tag krank ist, bekommt den Monatslohn nicht rechtzeitig. Sie haben keine Ersparnisse und andere soziale Absicherung, damit sie ihre laufenden Kosten abdecken können.

Die Näherinnen sind auf pünktliche Lohnzahlungen angewiesen, die sie bei einem Fehltag verloren hätten. Das Gebäude gehörte einem Politiker. Die Kontrollbehörden werden bestochen. Der Staat setzt sich bei uns nicht gegen die Industrie durch. Druck aus dem Ausland ist nötig.

Nach Rana Plaza wurden in Bangladesch 18 gefährdete Fabriken geschlossen. Beschäftigte der Textilindustrie dürfen sollen sich zukünftig in unabhängigen Gewerkschaften zusammenschließen und Lohnverhandlungen führen. Aber die Näherinnen sind unerfahren und scheu. Die Partizipatorische Action Komitee (Ersatzgewerkschaften) sind oft arbeitgeberfreundlich. Aber jetzt beim Streik bei der Tuba Gruppe im August wurde eine gelbe Gewerkschaft (nicht von der Textilfabrik) durch eine aktive neue Bewegung ersetzt, die mit einem Hungerstreik Erfolg hatte.

Außerdem wurde nach Rana Plaza beschlossen, den Mindestlohn zu erhöhen. Nun prüft eine Regierungskommission die geforderte Erhöhung auf 8.000 Taka (80 Euro). Die meisten erhalten den Mindestlohn, der 2010 nach monatelangen Protesten auf 3.000 Taka (knapp 30 Euro) erhöht worden ist. In einer wissenschaftlichen Studie der Universität Dhaka haben wir aber festgestellt, dass 39% der Befragten unter Mindestlohn bezahlt werden. Die Arbeitgeber haben zur untersten Lohngruppe der "Helper" jetzt noch den "Apprentice Helper" erfunden, für die bis zu sechs Monate lang kein gesetzlicher Lohn gezahlt werden muss.

Wir haben insgesamt 1013 Beschäftigte in allen 12 Branchen der BGMEA befragt. Etwa 60% gaben an, sich jetzt in den Fabriken sicher zu fühlen. Der Brandschutz wurde etwas verbessert. Viele Feuertreppen sind in schlechtem Zustand. Immer noch münden viele Fluchtwege in Lagerräumen, die meist zuerst Feuer fangen. Aber die vorher verbreitete Praxis, die Tore der Fabriken während der Schicht von außen zu verriegeln, wurde in Bangladesch abgeschafft. Bei den großen Fabriken spürt man also die Verbesserungen. Problem sind die kleinen teils informellen Saisonbetriebe

Die befragten Näherinnen klagten vor allem über Kopfschmerzen. Sie entstehen durch den Lärm, aber auch durch Schlafmangel. Das Arbeitspensum und die Körerhaltung dabei sind belastend. Die Masse der Näherinnen kommt sehr jung vom Land in die Industriebezirke. Neben den langen Schichten kostet auch der Feierabend dort Kraft. In den Unterkünften müssen sich mehr als 20 Frauen eine Toilette und eine Küche teilen. Einige Näherinnen könnten Vorarbeiterinnen werden, mehr Aufstiegschancen gibt es aber in dieser Industrie nicht, es gibt keine Fortbildung. Kaum jemand unter den Befragten war länger als sieben Jahre im Job. Ab Mitte 30 hält man das körperlich einfach nicht durch, auch wegen der Augenleiden.

Sie bilden in Dhaka Studierende in Soziologie aus. Was lernen sie?

Unsere Universität ist total überfüllt. Zu allen Veranstaltungen kommen mehr als 200 Studierende. Mit ihnen können wir natürlich solche große Befragungen umsetzen. Nach dem Einsturz der Rana Plaza sind viele Studierende mit mir zur Hilfe geeilt. Sie organisierten die Betreuung der Angehörigen, die oft aus ländlichen Gegenden anreisen mussten und logistische Hilfe brauchten, um zum Beispiel eine Duschgelegenheit zu finden. Manche helfen jetzt bei Behördengängen in Dhaka. Das war für die Studierenden eine praktische soziale Aufgabe. Es wurde in ein Buch mit Opferberichten erstellt. Es ist in bengalischer Sprache und wir suchen Mittel, es auf Englisch zu übersetzen.

Was erhoffen Sie sich von den NRO in Deutschland?

Erstens, dass wir Ideen über Gewerkschaftsbildung in Bangladesch austauschen.

Zweitens dass internationale NGOs ihre Arbeit in den verschiedenen Bereichen in Bangladesch mit den NGOs im Land koordinieren.

Drittens bekannt zu machen, dass die Regierung von Bangladesch ihre Aufgaben nicht erfüllt.

Das Interview führten Karsten Weitzenegger und Yannik Pein.

Hintergrund: Internationale Abkommen nach Rana Plaza

Das Rana Plaza-Arrangement

Das «Arrangement» ist ein Übereinkommen, welches die Entschädigung der Verletzten und der Opferfamilien des Rana Plaza Fabrikeinsturzes regelt. Das Übereinkommen wurde von der Clean Clothes Campaign http://www.cleanclothes.org mitinitiiert und wird, wie das Sicherheitsabkommen, von der ILO begleitet. Die bangladeschische Regierung, lokale sowie internationale Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen sowie die Textilfirmen haben das Arrangement unterzeichnet und sich damit verpflichtet, einen Beitrag an die Kompensation der Betroffenen zu leisten. Im Juni 2014 forderten Deutschland und sechs andere europäische Staaten alle Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu Rana Plaza sowie die bangladeschische Regierung auf, einen substantiellen Beitrag an den Kompensationsfonds zu leisten. www.ranaplaza-arrangement.org

Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch

Das Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch von 2013 (http://www.unibangladeshaccord.org/?lang=de, http://bangladeshaccord.org) ist ein umfassendes und unabhängiges Abkommen, mit dessen Hilfe alle Bekleidungsfabriken in Bangladesch zu sicheren Arbeitsplätzen gemacht werden sollen. Das Abkommen wurde von bangladeschischen und internationalen Gewerkschaften zusammen mit anderen Arbeitnehmergruppierungen konzipiert. Es ist das einzige Abkommen, das von allen wesentlichen arbeitsrechtlichen Interessenvertretungen unterstützt und von über 160 internationalen Markenherstellern und Einzelhandelsunternehmen unterzeichnet wurde. Sie verpflichten sich über fünf Jahre zu Investitionen in sicherere Fabriken. Unter den deutschen Unterzeichnen sind Adidas, Aldi, Esprit, Kik, Lidl, Metro, Otto, Puma, Rewe, S.Oliver, Takko, Tchibo (http://bangladeshaccord.org/signatories/). Wer genau wen beliefert, bleibt aber unter Verschluss. Die Kampagne für Saubere Kleidung, Oxfam und das Südwind-Institut haben die Standards wiederholt als zu lax kritisiert.

Bündnis für Nachhaltige Textilien

Das Bündnis für Nachhaltige Textilien ist Zusammenschluss von bisher rund 30 deutschen Unternehmen und Organisationen soll die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Textilindustrie in Niedriglohnländern zu verbessern. Ziel sind neue ökologische Standards und ein besseres Leben für die Arbeiterinnen und Arbeiter der globalen Bekleidungsindustrie. Die Initiative wurde am 16. Oktober 2014 unter Federführung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegründet. http://www.bmz.de/textilbündnis

Mehr dazu: Kampagne für Saubere Kleidung http://www.saubere-kleidung.de

Wirtschaftsausblick Afrika: Teilhabe an globalen Wertschöpfungsketten ist entscheidend für Wachstum

Der „African Economic Outlook 2014” gibt einen Überblick über die jüngsten wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklungen in Afrika. Der Gemeinschaftsbericht der OECD, der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) und des UN Entwicklungsprogrammes (UNDP) unterstreicht, dass Afrika interne und externe Schocks überstanden hat und dass es auf gutem Weg ist, gesunde Wachstumsraten zu erreichen.

Gelingt es afrikanischen Ländern, erfolgreicher an der globalen Produktion von Waren und Dienstleistungen mitzuwirken, dann könnte das die Wirtschaft auf dem Kontinent entscheidend verändern. Den Projektionen zufolge wird das Bruttoinlandsprodukt des Kontinents 2014 um 4,8 Prozent und 2015 um weitere 5 bis 6 Prozent wachsen – so stark wie seit der Weltwirtschaftskrise von 2009 nicht mehr.

Der Gemeinschaftsbericht der OECD, der Afrikanischen Entwicklungsbank und des UN Entwicklungsprogrammes unterstreicht, dass Afrika interne und externe Schocks überstanden hat und dass es auf gutem Weg ist, gesunde Wachstumsraten zu erreichen.

Laut Bericht ist Afrikas Wirtschaftswachstum nach der Krise von 2009 breiter angelegt und wird von heimischer Nachfrage, der Infrastruktur und einem erhöhten inner-afrikanischen Handel von Industriegütern angetrieben.

Den Projektionen zufolge wird das Bruttoinlandsprodukt des Kontinents 2014 um 4,8 Prozent und 2015 um weitere 5 bis 6 Prozent wachsen – so stark wie seit der Weltwirtschaftskrise von 2009 nicht mehr. Laut Bericht ist Afrikas Wirtschaftswachstum jetzt breiter angelegt und wird von heimischer Nachfrage, der Infrastruktur und einem erhöhten inner-afrikanischen Handel von Industriegütern angetrieben.

„Die demografische Dynamik, die schnelle Urbanisierung und der Reichtum an natürlichen Ressourcen bilden das große Potenzial afrikanischer Volkswirtschaften“, sagte Mario Pezzini, Leiter des OECD Development Centre, bei der Vorstellung des Berichts. „Viele Länder stehen nun aber vor der Herausforderung, sich stärker in globale Wertschöpfungsketten einzubinden und dadurch das Leben ihrer Bürgen zu verbessern.“

Dem Bericht zufolge könnte eine größere Beteiligung an regionalen und globalen Wertschöpfungsketten – also an all jenen Aktivitäten, die nötig sind, um ein Produkt vom Entwurf bis zur Auslieferung auf den Weg zu bringen – als Sprungbrett für die wirtschaftliche Diversifizierung Afrikas dienen. Zudem könnte sie inländische Ressourcen mobilisieren und Investitionen in wichtige Infrastrukturprojekte anstoßen. Dafür darf sich Afrika jedoch nicht auf Erzeugnisse mit geringer Wertschöpfung beschränken.

Zwar stiegen im Jahr 2012 afrikanische Exporte weltweit am schnellsten an, allerdings blieben sie rohstoffdominiert und betrugen nur 3,5 Prozent des globalen Warenexports. Um diese Falle zu vermeiden, müssen die Länder in neue und produktivere Sektoren investieren. Weiterhin müssen sie Kompetenzen stärken, Arbeitsplätze schaffen und sich mit neuen Technologien, Wissen und Marktinformationen auseinandersetzen. Dazu braucht es eine solide Staatspolitik, aber auch Unternehmer, die bereit und fähig sind, solche Ziele anzugehen.

Weitere Informationen: www.africaneconomicoutlook.org

African Economic Outlook 2014: Global Value Chains and Africa’s Industrialisation; Hrsg. OECD, Mai 2014, 316 Seiten, € 65,-

Eschborner Fachtage der GIZ zum Thema Rohstoffe und Ressourcen

Unter dem Titel „Rohstoffe und Ressourcen: Wachstum, Werte, Wettbewerb“ fanden am 18. und 19. Juni 2013 die jährlichen Eschborner Fachtage (EFTA) der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH statt. Rund 400 internationale ExpertInnen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutieren dazu in acht Themenforen. Die AGEG war mit 3 Mitgliedern 4 Associates und 2 Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle gut vertreten.

Seit 1998 stellen die Eschborner Fachtage jährlich ein aktuelles Thema der internationalen Zusammenarbeit in den Mittelpunkt. Internationale Experten tauschen hier Wissen und Erfahrung in Podiumsdiskussionen und Workshops aus. Erstmals lief eine Twitter-Wall des GIZ Social Media Teams, die sogar meine Kommentare mit den Hashtags #gizfachtage und #gizdialogue anzeigte.

Relevanz von Rohstoffen für Deutschland und Entwicklungsländer

Der weltweite Rohstoffverbrauch verdreifacht sich bis 2050 auf jährlich 140 Milliarden Tonnen. Das sagen Schätzungen der Vereinten Nationen voraus. Gründe sind das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum. Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf eine langfristig sichere Versorgung mit Energierohstoffen, Metallen und Mineralien angewiesen. Über 160 Länder beliefern Deutschland, darunter viele Entwicklungsländer, in denen die Rohstoffindustrie ein enormes Potenzial für nachhaltige Entwicklung birgt. Der Rohstoffsektor stellt die Herkunftsländer gleichzeitig vor große Herausforderungen und führt dort zu Konflikten und Umweltzerstörung.

Rohstoffe und Ressourcen als Chance für Entwicklung

Die GIZ berät 30 Partnerländer dabei, rechtliche, politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für den Rohstoffsektor zu entwickeln, und diese wirksam umzusetzen. Bei der Auftaktveranstaltung hob Vorstandsmitglied Cornelia Richter hervor, dass Ressourcen- und Rohstoffreichtum eine Chance für gesellschaftliche Entwicklung seien, sofern es gelinge, die Weichen richtig zu stellen. Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), erklärte, dass der Wirtschaft eine besondere Rolle dabei zufalle, Rohstoffe und Ressourcen als Entwicklungsmotor zu verwenden. Auf dem Podium sprachen fünf Expertinnen und Experten über Strategien zur Sicherung von Ressourcen, deren nachhaltige Nutzung und ihre Rolle für eine nachhaltige Entwicklung. Bei der Abschlussveranstaltung beschrieb Achim Steiner von UNEP Umweltschäden durch Rohstoffabbau. Recycling und weniger Verbrauch sieht er als Lösung. Jonas Moberg von EITI forderte vertiefte Zusammenarbeit für Rohstofftransparenz durch gutes Beispiel und verbindliche Standards. Der Leiter des Fach- und Methodenbereiches (FMB) der GIZ Joachim Prey erkannte neue Kooperationsformen und -formate als dringend notwendig.

Weitere Informationen

“Made in the world”| Initiative von OECD und WTO zeigt neues Gesicht des Welthandels

Die Wettbewerbsfähigkeit und Exportleistung von Volkswirtschaften hängt heute stärker denn je davon ab, wie gut Länder in globale Wertschöpfungsketten eingebunden sind. Das ist die Erkenntnis aus einer neuen Datenbank, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammen mit der Welthandelsorganisation (WTO) erstellt hat.

Die OECD-WTO Trade in Value Added indicators (TiVA) Indikatoren sind Teil der OECD Statistikdatembank unter OECD.STAThttp://www.oecd.org/berlin/presse/handel-wertschoepfungsketten.htm.

Darüber hinaus vermitteln interaktive, integrierbare Graphiken ein plastisches Bild von der Lage in verschiedenen Ländern:
http://a.tiles.mapbox.com/v3/oecdwash.TiVAbySectorDE.html#2.00/25.5/15.4 und http://a.tiles.mapbox.com/v3/oecdwash.TiVAbyCountryDE.html#2.00/25.5/15.4 (bitte NICHT im Internet Explorer öffnen)

“Der Exporterfolg, den Länder in der Welt haben, hängt von ihrer Fähigkeit und ihrer Bereitschaft ab, in der Welt einzukaufen”, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung der Datenbank in Paris. “Durch unsere Zusammenarbeit mit der WTO sehen wir noch klarer als zuvor, wie stark die Blockade von Importen die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes einschränkt. Handelsgespräche müssen den neuen Gegebenheiten Rechnung tragen, und die Länder müssen ihren Firmen dabei helfen, sich besser in der internationalen Wertschöpfungskette aufzustellen.”